Bedrrohtte Huerrtta
Abschied von Karikaturist Joaquín Lavado, Quino – Wie er die Welt aus Sicht eines weisen Mädchens erklärte – und kritisierte
Alicantes ländliches Gebiet brachte den berühmten Fondillón-Wein hervor. Heute ist das historische Erbe der Huerta bedroht, wie etwa die Türme, die der Landbevölkerung bei Piratenangriffen zwischen dem 16. und 18. Jahrhundert Schutz boten.
Mendoza – fin. Mafalda, die auf ihren Globus zeigt und das Kuscheltier fragt: „ Weißt du, warum diese Welt schön ist?“Ihre Antwort folgt sofort: „ Weil es sich um ein Modell handelt. Die echte ist eine einzige Katastrophe.“Oder Mafalda, die Nachrichten im Fernsehen schaut und angesichts von Krieg, Hunger und Umweltkatastrophen zu ihrem Globus rennt und ihn mitsamt Fieberthermometer ins Bett steckt. Mafalda, die ihrer Zeit voraus war, die mit ihrer simplen Art komplexe Dinge verstand, Mafalda, die humorvoll kritisierte und doch klar Position bezog, Mafalda, die um ihren Vater trauert: Der geniale Karikaturist Joaquín Lavado, Quino, ist am 30. September in Argentinien im Alter von 88 Jahren gestorben.
Werbung für Waschmaschinen
Quino und Mafalda gehören zusammen wie Asterix und Uderzo, die Comics von dem schwarzhaarigen Mädchen, das nie eine Antwort schuldig bleibt, gingen um die Welt, erst als Zeitungs-Karikaturen, dann in Buchform. Dabei sollte Mafalda eigentlich Werbung für Waschmaschinen und Kühlschränke machen: 1962 beauftragte Hersteller Mansfield Quino mit einer Comic-Werbekampagne, die in Zeitungen abgedruckt werden sollte. Quino entwarf eine Familie, die die Mansfield-Geräte nutzte, Protagonistin war Mafalda, der Name ergab sich aus der phonetischen Sequenz des Firmennamens.
Doch Mafalda machte nie Werbung für Kühlschränke, die Comics wurden von den Zeitungen abgelehnt, da sie zu große Ähnlichkeit mit redaktionellen Inhalten hatten. Mafalda verschwand in Quinos Schublade, aus der er sie zwei Jahre später befreite, ganz ohne Werbezwecke. Jetzt waren es richtige Karikaturen, die die argentinische Zeitung
„ Primera plana“ab 1964 tagtäglich abdruckte. Zeitungen rund um den echten Globus übernahmen Mafaldas Geschichten, es folgten Bücher in über 30 Sprachen, Quino und Mafalda eroberten die Welt.
Quinos Geschichte begann 32 Jahre vor der von Mafalda und ihrer kleinen, großen Welt. Die Eltern von Joaquín Lavado stammten aus Fuengirola, Málaga, und wanderten in den frühen 1930er Jahren nach Argentinien aus. Dort, in Mendoza, kam 1932 Joaquín zur Welt, den alle nur Quino riefen.
Die Familie blieb gern unter sich, bis zu seinem sechsten Lebensjahr soll Quino mit andalusischem Akzent gesprochen haben.
Noch früher war ihm klar, dass er später sein Geld mit Zeichnen verdienen wollte: als Quino drei Jahre alt war, kam ein Onkel zu Besuch. Grafikdesigner von Beruf, malte der Mann mit dem Kind und Klein-Quino war so beeindruckt davon, was man mit einem Bleistift und Papier schaffen kann, dass er weder Feuerwehrmann noch Lokführer, sondern Karikaturist werden wollte.
Im Alter von 14 Jahren musste Quino den Tod seines Vaters verarbeiten, noch Jahre später sprach der Zeichner über Erscheinungen, in denen er Papa Lavado wiedersah. „ Er hatte immer noch nicht eingesehen, dass Rauchen nicht gesund ist“, sagte Quino einmal über eine dieser Visionen. Er sei stolz auf ihn gewesen, bekräftigte Quino ein anderes Mal. Grund dazu hatte er allemal. Das Kunststudium an der Universität von Cuyo brach Quino zwar ab, stattdessen ging er nach Buenos Aires. Dort erschien 1954 sein erster Comic in der Wochenzeitung „ Esto es“– zehn Jahre vor Mafalda.
Quino war ein Stück Mafalda und Mafalda ein Stück Quino – doch einig waren sie sich nicht immer. So hasste Mafalda nichts so sehr wie Suppe, Quino dagegen mochte die Sopas durchaus. Mafalda wurde mitten in ein gespaltenes Land hineingeboren, zwischen Wahlen und Neuwahlen, Putsch und Militär. „ Die Suppe ist eine Metapher für den Militarismus“, erklärte Quino in einem Interview.
Mafalda hat in ihren Geschichten Vater und Mutter, Quino selbst bekam nie Kinder. „ Es ist ein großer Mist, jemanden in diese Welt zu setzen, ohne ihn gefragt zu haben“, meinte Quino dazu. Verheiratet war er mit der Chemikerin Alicia Combo, mit der er nach dem Militärputsch 1976 nach Mailand ging. 1983 kehrte das Ehepaar nach Argentinien zurück, bis zu Combos Tod 2017 lebten sie in Buenos Aires. Danach ging Quino, gesundheitlich arg angeschlagen und fast blind, zurück in seine Geburtsstadt Mendoza, wo er drei Jahre später starb.
Mafalda segnete schon viel eher das Zeitliche. 1973 steckte Quino seine Figur zurück in die Schublade: nach neun Jahren und 1.928 Cartoons war ihr Zeichner es leid, jeden Tag eine neue Geschichte um das schwarzhaarige, schlaue Mädchen zu erfinden, das den Lesern die Welt erklärte – so simpel, so kritisch, so genial.
Den Stift legte Quino zwar längst noch nicht zur Seite – erst 2006 hörte er auf zu zeichnen, weil er kaum noch sehen konnte. Neben den zwei großen Frauen in seinem Leben – Mafalda und Alicia Combo – bewegte Quino auch die Liebe zu einer Heimat, die er lange kaum kannte. „ Was mich wirklich berührt, ist der Flamenco. Das ist etwas, das ich wie ein Kribbeln in meinen Adern spüre. Deshalb habe ich immer gewusst, dass ich Spanier bin und ich habe auch immer gesagt, dass ich Spanier bin“, meinte Quino in einem Interview mit „ El País“.
Die spanische Staatsbürgerschaft bekam er aber erst 1990 in Madrid, ein Versuch, die doppelte Staatsbürgerschaft während seiner Zeit in Mailand zu beantragen, scheiterte. Die Beamtin damals fragte ihn: „ Und jetzt auf einmal, in Ihrem Alter, fällt Ihnen ein, dass Sie Spanier sein wollen?“, und Quino antwortete: „ Nein, das ist mir durchaus früher eingefallen. Aber da war Franco noch da“.
2014 besuchte Quino Spanien zum letzten Mal. Im Rollstuhl nahm er den Prinz-von-AsturienPreis entgegen, unter Standing Ovations, die fünf Minuten dauern sollten. Seitdem kam Quino zwar nicht noch einmal wieder, aber Mafalda ist geblieben: Als lebensgroße Figur im Park Campo de San Francisco in Oviedo. Dort sitzt sie auf einer Bank und lässt sich geduldig mit jedem fotografieren, der ein Stück Mafalda – und Quino
– als Erinnerung haben möchte. Und wer genau hinhört, kann sich von ihr bestimmt auch den einen oder anderen weisen Ratschlag holen, den ihr Vater zuvor in eine Sprechblase geschrieben hat.
„Es ist ein großer Mist, jemanden in diese Welt zu setzen, ohne ihn gefragt zu haben“