Grünes Leben
Im Ökodorf Valle de las Sensaciones bei Granada lernen Menschen, in Gemeinschaft und im Einklang mit der Natur zu leben
Während Covid-19 Reisen weitestgehend verhindert, hat ein Dorf bei Granada, das sich selbst Valle de las Sensaciones (Tal der Empfindungen) nennt, gar nicht erst damit angefangen. Seine Bewohner sind Aussteiger und führen teilweise bereits seit Jahrzehnten ein Leben inmitten und für die Natur. Was sie brauchen, stellen sie selbst her.
Leise gurgelt der Bach, aus der Ferne kräht ein Hahn, zwei greise Alpujarreños gehen schlurfend über den Zebrastreifen. In Yátor schlägt ein anderer Rhythmus. Keine Stakkatoschritte wie in Großstädten, kein Verkehrslärm, kein Leben hinter Fassaden und auf Äußerlichkeiten ausgerichtet. Der Blick geht nach innen, fokussiert auf die wesentlichen Dinge.
Als sich Achim Burkard vor über 20 Jahren auf seinen Traktor schwang und den hölzernen Bauwagen an die Anhängerkuppel andockte, dachte er nicht daran, später in einem Tal, einen Steinwurf von Yátor (Provinz Granada) entfernt, eine Ecoaldea zu schaffen. In Spanien gibt es heute 22 dieser Ecoaldeas (Ökodörfer), weltweit sind es rund 1.000. Im Mittelpunkt stehen Selbstversorgung und ein nachhaltiges Leben. In vielen dieser Ökodörfer wird Gemüse angebaut, Käse, Öl und Wein hergestellt. Für Energie sorgen in der Regel Wind, Wasser und Sonne.
Burkard hat 14 Jahre lang als Reisender gelebt. Zunächst zog er im Bauwagen durch die Lande, später in einem ausrangierten Feuerwehrfahrzeug. Ich bin eigentlich nie ausgestiegen, weil ich nie eingestiegen bin. Mit 16 habe ich schon gemerkt, dass ich anders leben möchte“, sagt Burkard. Als er 19 war, sei ihm klar geworden, dass er frei sein und nicht in die Gesellschaft gehen will. Noch nie hatte er einen Chef. Mit 21 kaufte er sich den Bauwagen, in dem er auch heute noch lebt. Schon als kleiner Junge habe er sich nie manipulieren lassen. Ich glaube an meine Wahrnehmungen und lebe danach“, unterstreicht er.
Unterwegs sammelte er Erfahrungen in verschiedenen Ökodörfern. Auf meinem Reiseleben bin ich nach Yátor gekommen“, erzählt er. In keinem anderen Dorf wurde ich so direkt eingeladen, mich zu integrieren. An einem heißen Augusttag bin ich mit meinem Traktor hier entlanggefahren und habe mich auf den Dorfplatz vor der Kirche in den Schatten gestellt. Direkt kamen einige Einwohner, schenkten mir Gemüse und luden mich ein, zu bleiben.“
Ab diesem Zeitpunkt blieb er jedes Jahr für ein paar Tage in Yátor. Jedes Mal hätten die Einwohner ihn eingeladen, zu bleiben, da der Ort kreative Menschen brauche. Doch Burkard wollte zunächst als Reisender weiterziehen und nicht sesshaft werden. Vor 20 Jahren entdeckte er bei einem Spaziergang in der Nähe von Yátor ein
Tal und wusste sofort, dass dies sein Platz ist. Er kaufte das Grundstück und blieb.
Ihm schwebte vor, einen Ort für Kunst und ein Leben in Gemeinschaft zu schaffen. Dabei ging es ihm nicht darum, sein eigenes privates Glück zu suchen, sondern er wollte ein Projekt auf die Beine stellen. Einen Monat lang habe ich mich auf die verschiedenen Plätze im Tal gesetzt und nach Visionen gefragt“, sagt er. Baumhäuser, Lehmbauten und Orte, an denen die Menschen ihre Kreativität ausleben können, sollten hier entstehen. Ich wollte ihnen einen Platz bieten, an dem sie lernen, wie man mit der Natur lebt.“
Von Anfang an sollte es ein gemeinschaftliches Projekt sein. Zunächst einmal schuf er die entsprechende Infrastruktur, um Leute beherbergen zu können. Wir haben erst einmal eine provisorische Küche und ein paar Unterschlüpfe gebastelt.“Als Versuchskaninchen lud Achim seine Freunde ein, die er auf seinen Reisen kennengelernt hatte. Und so rückten sie mit ihren Lkw an, darunter mobile Schreiner und Schmiede. Es entstand ein kleines Dorf mit Lkw-Reisenden. Er hat den Ort geschaffen, um Menschen eine temporäre Erfahrung zu bieten. Auch heute noch lebt er in dem aus Holz gezimmerten Bauwagen, der rechts am Eingang des Valle de las Sensaciones“steht.
Aus einer anderen Dimension
In den Baumwipfeln sitzen Baumhäuser, einige quadratisch, andere rund, verziert mit Fliesen oder Spiegeln, so, als stammten sie aus einer anderen Dimension. Ich habe kein Haus für mein privates Leben gebaut, denn sobald du irgendwo fest lebst, fängst du an, private Interessen und private Räume zu etablieren und jemand der neu dazukommt, spürt sofort, dass es hier abgegrenzte private Lebensräume
„Ich bin eigentlich nie ausgestiegen, weil ich nie eingestiegen bin“