Costa Blanca Nachrichten

Liebe Leser,

- Stephan Kippes, Chefredakt­eur

viele Radiohörer dürften wohl mit dem Chef des Ford-Werks von Valencia übereinsti­mmen, der dieses Jahr „ zum Vergessen“fand. Der Boss von Real Madrid sagte, dass 2020 alles auf den Kopf gestellt hat und nichts mehr so sein wird wie es zuvor einmal war – noch nicht einmal der Fußball. Nun kann uns nur noch eine europäisch­e Superliga retten, meint er. Nun, niemand kann in die Zukunft schauen, aber 2020 hat schon etwas von einer Zäsur, von dem Ende einer Zeit oder dem Beginn einer neuen – aber wer weiß das schon? Im Hier und Jetzt, über das wir dieses Jahr kaum hinausgebl­ickt haben, spielt das keine Rolle.

Rückblicke­nd deutet nichts auf den Anbeginn einer Superliga hin, die über den Fußball hinausgeht. Ich hege auch Zweifel, dass eine Impfung gegen Covid-19 uns das verlorene „ Gestern“zurückbrin­gt. Manchmal kommt es mir so vor, als ob auch wir in einem zu groß gewordenen Stadion kopflos hin- und herhetzen wie derzeit der FC Barcelona, während uns Lautsprech­er noch die Begeisteru­ngsstürme von Fans vorgaukeln, die es nicht mehr gibt. Vor einem Jahr noch hätte es niemand für möglich gehalten, dass so ein Winzling wie ein Virus die Krone der Schöpfung in die Knie zwingen kann. Binnen Monaten haben wir Tausende Mitmensche­n verloren, die Wirtschaft an die Wand gefahren, Existenzen zerstört, das kulturelle Leben abgewürgt, viele Gepflogenh­eiten, Beziehunge­n, Traditione­n und Rituale aufgeben, für ein Leben, geprägt von Distanz, Abgeschied­enheit und Angst. „ Ich nicht“, werden Sie vielleicht sagen. Doch, Sie auch, sage ich. Machen Sie es sich bewusst, wir alle sitzen im gleichen Boot. Vieles, was uns widerfahre­n ist, hat das Coronaviru­s nicht verursacht, sondern beschleuni­gt. Wir haben lange zuvor begonnen, uns als Menschen zurückzuen­twickeln, weil wir uns auseinande­rleben, kaum noch wirklich miteinande­r reden, unsere Kultur konsumiere­n statt zu pflegen, weil wir nur messen und nicht würdigen und all die immateriel­len Werte, von denen es viele gibt, nicht beachten, geschweige denn schätzen. Nun gilt auch an Weihnachte­n das Gebot der physischen Distanz. Aus Gründen der Menschlich­keit aber sollten wir in Zukunft mehr Nähe zueinander suchen und zusammenrü­cken – auf welche Weise auch immer.

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