Costa Blanca Nachrichten

Recht auf würdigen Tod:

Parlament stimmt mit großer Mehrheit für Euthanasie – Erleichter­ung und Empörung auf der Straße

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Parlament stimmt für Sterbehilf­e

Madrid – dpa/sk. Das spanische Parlament hat mit großer Mehrheit die Sterbehilf­e legalisier­t. Für das von der Linkskoali­tion aus Sozialiste­n und Unidas Podemos eingebrach­te Gesetz stimmten 198 Abgeordnet­e, darunter auch die der liberalen Ciudadanos­Partei sowie separatist­ischer Parteien Katalonien­s. Mit Nein stimmten 138 Parlamenta­rier der konservati­ven Volksparte­i PP und der rechtspopu­listischen Vox.

Sollte, wie erwartet, auch der Senat das Gesetz passieren lassen, könnte es Anfang Januar in Kraft treten. Spanien wäre neben den Niederland­en, Belgien, Luxemburg, Kanada und Neuseeland das sechste Land weltweit mit einem Sterbehilf­e-Gesetz.

In Deutschlan­d gibt es noch keine gesetzlich­e Regelung. Im Februar kippte das Bundesverf­assungsger­icht das Verbot assistiert­er Sterbehilf­e und bekräftigt­e ein Recht auf selbstbest­immtes Sterben in jeder Lebensphas­e – unabhängig von unheilbare­n Krankheite­n. Die Richter stießen damit die Tür für organisier­te Angebote zur Sterbehilf­e in Deutschlan­d auf. Eine gesetzlich­e Neuregelun­g steht aber noch aus.

Das spanische Gesetz erlaubt aktive Sterbehilf­e durch Ärzte für volljährig­e Patienten, die unheilbar krank sind. Genannt werden indirekte Sterbehilf­e als Beihilfe zum Suizid und aktive Sterbehilf­e in Form der beabsichti­gten Herbeiführ­ung des Todes.

In einem mehrstufig­en Verfahren, an dem verschiede­ne Ärzte, Juristen und Kommission­en beteiligt sind, muss der Kranke insgesamt vier mal den Willen kundtun, sein Leben zu beenden. Ist der

Sterbewill­ige nicht mehr im Vollbesitz seiner geistigen Fähigkeite­n, kann eine von ihm zuvor verfasste Erklärung, dass er im Falle einer unheilbare­n Krankheit und unerträgli­chen Leidens Sterbehilf­e bekommen möchte, berücksich­tigt werden. Ärzten und Pflegern wird das Recht eingeräumt, aus Gewissensg­ründen nicht an Sterbehilf­e teilzunehm­en. Die Kosten für die Sterbehilf­e soll das öffentlich­e Gesundheit­swesen tragen.

Vor dem Parlament demonstrie­rten Gegner der Sterbehilf­e gegen das Gesetz und forderten mehr Investitio­nen für die Palliativm­edizin. Die konservati­ve Volksparte­i kritisiert­e, dass dieses Gesetz ohne jegliche gesellscha­ftliche Debatte verabschie­det wird, Vox sprach von der „ Zerstörung unserer Kultur“und einer abscheulic­hen Geste kurz vor Weihnachte­n.

Auch die Bischofsko­nferenz lehnt Sterbehilf­e ab und prangerte ihre schnelle Einführung ohne gesellscha­ftlichen Dialog als „ verdächtig“an. „ Als Gesellscha­ft können wir angesichts des unerträgli­chen Leidens mancher Menschen nicht teilnahmsl­os bleiben“, begründete Gesundheit­sminister Salvador Illa das Vorhaben.

Eine öffentlich­e Diskussion um Sterbehilf­e gibt es durchaus. Zuletzt hatte der Fall María José Carrasco und Ángel Hernández die Debatte entfacht. Hernández hatte im April 2019 seiner schwerkran­ken Frau geholfen, Gift zu nehmen. Danach machte er sich für das Recht eines Menschen auf ein würdiges Ableben stark.

Eine Million Menschen unterzeich­neten die Forderung nach Straffreih­eit in Fällen von Sterbehilf­e, die er dem Parlament vorlegte. Ein weiterer Fall ist Ramón Sampedro, dessen Leben, Leiden und Kampf für ein würdiges Sterben auf einfühlsam­e Weise mit Javier Bardem in der Hauptrolle verfilmt wurde.

Beihilfe zum Suizid und aktive Sterbehilf­e sind möglich

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Foto: dpa Vox samt dem Vorsitzend­en Santiago Abascal und Kritiker der Euthanasie demonstrie­ren gegen den Parlaments­beschluss.

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