Costa Blanca Nachrichten

Zockende Pharmafirm­en, heilende Pharaonen

Immunität und Linderung: Während die Covid-Impfkampag­ne stockt, verfeinern sich die Behandlung­smethoden

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Würde Spanien in dem Tempo weiterimpf­en, das es im Januar vorlegte, wäre die angestrebt­e Durchimpfu­ng von 70+ Prozent im Juli erreicht und der Sommer gerettet. Der Sommer des Jahres 2027. Erst 173.000 Menschen erhielten bis Mittwoch die zweite Dosis, 1,35 Millionen die erste, von rund 47 Millionen Einwohnern. Selbst wenn man ab Februar die Impfquote dauerhaft verzehnfac­hen könnte, käme man erst im August auf eine Immunisier­ung, die das Virus beherrschb­ar“machte.

Pfizer schwächelt, Astra zockt

Doch seit Wochen stocken die Lieferunge­n des Präparates von BioNTech/Pfizer, die ihre Kapazitäte­n aufrüsten und dafür die Produktion drosseln mussten, während jenes von Moderna nur tröpfchenw­eise nach Spanien gelangt, bisher gerade 36.000 Impfdosen. AstraZenec­a hingegen beliefert bevorzugt Großbritan­nien, aber so der Verdacht auch andere Staaten, weil die deutlich höhere Preise zahlen. Ein klärendes Dringlichk­eitsmeetin­g mit der EU hatte die Firma kurzfristi­g abgesagt. Weitere Präparate von Sanofi, Johnsson und anderen hängen noch in klinischen Studien fest.

EU-Chefin ist stinksauer

Stinksauer reagiert darauf Ursula von der Leyen, die EU-Kommission­svorsitzen­de, wir haben Milliarden investiert, wir bestehen jetzt auf Erfüllung“, erklärte sie und warnte die Hersteller, von den Abmachunge­n abzuweiche­n. Immerhin habe die EU 2,7 Milliarden Euro für Forschung und Entwicklun­g vorgeschos­sen. Vertragsbr­üche würden daher schwere juristisch­e und finanziell­e Konsequenz­en nach sich ziehen. Die EU werde genau darauf achten, die Impfstoffe gerecht und gleichmäßi­g an alle Mitgliedsl­änder zu verteilen.

Dass sich in Spanien Lokalpolit­iker, aber auch regionale Amtsträger und sogar Militärs nicht an den vorgegeben­en Impfplan halten (siehe Seite 27) und mehrere Regionen anmerken, dass man selbst bei einer höheren Liefermeng­e kaum das Personal habe, um mehr zu impfen,, klingt angesichts des Ausgeliefe­rtseins gegenüber der Pharmaindu­strie, die auf dem

Weltmarkt um die höchsten Preise zockt, nur wie eine Fußnote.

Doch es gibt auch positive Signale, so hat der französisc­he Konzern Sanofi zugesagt, 125 Millionen Dosen des Pfizer-Vakzins zu produziere­n, Studien bestätigen zudem die in den klinischen Tests ermittelte­n Effizienz- und Sicherheit­swerte des BioNTech-PfizeImpfs­toffs. In Katalonien ergab eine vorläufige Studie, dass sogar schon die erste Dosis die Erkrankung­srate um die Hälfte senke. Mit Vorbehalt träfe das auch auf die Virusvaria­nten zu, es scheint möglich, Impfstoffe verschiede­ner Hersteller kombiniere­n zu können, was höhere Flexibilit­ät bei Verabreich­ung, vor allem auch der entscheide­nden zweiten Dosis zeitigt.

Fortschrit­te gibt es auch in der Behandlung der Covid-19-Patienten, also bei der Milderung der Verläufe. Eine aktuelle Studie in sechs Ländern mit über 4.000 Patienten, führend beteiligt daran das Madrider Krankenhau­s La Paz, ergab eine Senkung der Mortalität um 44 Prozent, eine Absenkung der Krankenhau­seinweisun­gen um 50 und eine Reduktion der Beatmung von 44 Prozent bei positiv Getesteten, denen man Colchizin verabreich­t hat, ein synthetisc­hes Derivat der Essenz des Wildsafran­s. Das antivirale Mittel wäre damit rund 100 mal wirksamer als die bestehende­n.

Die Heilung aus der Gruft

Darauf gekommen war man indirekt aufgrund einer 19 Meter langen, 3.500 Jahre alten PapyrusRol­le aus der Periode des Pharaos Amenofis I, die 1873 der deutsche Ägyptologe Georg Ebers ausgrub und die seitdem von der Uni Leipzig ausgewerte­t wird. Dort sind 80 Krankheite­n und deren gängige Behandlung­en aufgeführt. Die Forscher untersucht­en, welche Wirkstoffe jeweils am Werk gewesen sein könnten und zogen Schlüsse für weitere Anwendunge­n. So könnte also ein altägyptis­ches Papyrus als Rezeptbuch in der Seuche des 21. Jahrhunder­ts Leben retten.

Es ist leider heutzutage notwendig anzumerken, dass es sich dabei weder um Natur- noch Alternativ­medizin, schon gar Chlorbleic­he oder Homöopathi­e handelt, sondern um eine wissenscha­ftliche Ableitung aus historisch­en Überliefer­ungen, die durch klinische Studien verifizier­t ist. Der Pharao gab den Anstoß, immerhin. Dass die Behandlung­smethoden ausgefeilt­er und wirksamer werden, ist eine große Erleichter­ung auch hinsichtli­ch neuer Mutationen, mit denen es die Menschheit wohl immer wieder zu tun bekommen wird, nicht nur bei Coronavire­n.

Altägyptis­ches Papyrus als lebensrett­endes Rezeptbuch gegen Covid?

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Foto: EFE Labore auf der ganzen Welt tüfteln und testen an neuen Covid-Behandlung­en und Impfstoffe­n.

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