Zurück in die 60er Jahre
Corona-Pandemie sorgt 2020 für historisches Tourismus-Debakel
Madrid – tl. Dass 2020 wegen der Corona-Pandemie für den Tourismus ein Katastrophenjahr war, ist mittlerweile eine Binsenweisheit. Jetzt aber hat das Nationale Statistikinstitut (INE) Bilanz über das Ausmaß des Desasters gezogen. So haben im vergangenen Jahr lediglich 18,96 Millionen Ausländer ihren Urlaub in Spanien verbracht. Das entspricht einem Rückgang von 77 Prozent gegenüber dem Rekordjahr 2019. Ähnlich verhält es sich mit den Ausgaben, die ausländische Urlauber für ihren Spanien-Urlaub tätigen. Sie beliefen sich 2020 auf 19,74 Milliarden Euro. Auch das ein Rückgang von 78,5 Prozent.
2019 – das siebte Jahr in Folge mit immer höheren Touristenzahlen – wird wohl für längere Zeit ein unerreichbares Ziel für den spanischen Tourismus bleiben. 83,5 Millionen Ausländer besuchten damals das Land. Sie gaben fast 92 Milliarden Euro aus. Die Daten von 2020 lassen sich allenfalls mit den Jahren 1967 oder 1968 vergleichen, teilt INE mit und macht so deutlich, welcher Abgrund sich in der TourismusBilanz aufgetan hat: ein Verlust von 65 Millionen ausländischen
Touristen und von mehr als 70 Milliarden Euro an Einnahmen.
Dabei hatte das Tourismus-Jahr 2020 gar nicht einmal schlecht begonnen: In den ersten beiden Monaten Januar und Februar lag man fast auf Vorjahreskurs. Mit Beginn des Corona-Ausnahmezustands im März gingen die Zahlen aber bereits um 64 Prozent zurück. Im April und Mai fand Tourismus in Spanien so gut wie nicht statt.
Zwei Nullrunden gewissermaßen und beispiellos in der Geschichte des spanischen Tourismus. Der Sommer brachte eine leichte Erholung. Sorgte aber auch dafür, dass die Corona-Infektionszahlen wieder stiegen und die Nachsaison ab September und für den Rest des Jahres ruinierten.
Das Debakel des Tourismus wirkt sich auch auf das Bruttoinlandsprodukt (BIP) aus. Im Rekordjahr 2019 betrug dessen Anteil am BIP 12,4 Prozent. 2020 waren es nach ersten Schätzungen lediglich etwas mehr als vier Prozent.
Auch die Formel, nach der INE die Gesamteinnahmen bemisst, die ein Wirtschaftssektor im Jahr generiert, zeigt den Absturz. Sie beliefen sich 2020 auf rund 46 Milliarden Euro. Das waren laut INE 110 Milliarden Euro weniger als 2019.
Das Tourismus-Jahr 2020 hat eine Verschiebung in der Reihenfolge der wichtigsten Urlaubermärkte mit sich gebracht. So stellten die Franzosen im vergangenen Jahr die meisten ausländischen Urlauber – insgesamt 3,9 Millionen. Aber auch das bedeutete einen Rückgang gegenüber 2019 von 65 Prozent. Mit 3,2 Millionen Besuchern verloren die Briten ihren Spitzenplatz (minus 82 Prozent gegenüber 2019). Die Deutschen rutschten auf Rang drei. Deren Zahl sank auf 2,4 Millionen (minus 78) Prozent. Die Urlauberzahlen aus anderen Ländern gingen in ähnlicher Größenordnung zurück.
Unter den Regionen war Katalonien die von Ausländern am meisten besuchte. 3,9 Millionen Personen entscheiden sich für einen Urlaub dort. Es folgten die Kanaren mit 3,8 Millionen ausländischen Touristen, Andalusien (2,7 Millionen), Valencia (2,5 Millionen), die Balearen (1,7 Millionen) und die Region Madrid (ebenfalls 1,7 Millionen). Die Erwartungen, dass 2021 deutlich besser wird, haben mit der dritten Welle der Corona-Pandemie einen herben Dämpfer erlitten. „ Das Panorama ist besorgniserregend. Fast 90 Prozent unseres inländischen und ausländischen Nachfragepotentials ist derzeit wegen der Einschränkungen blockiert“, äußerte José Luis Zoreda, Vizepräsident der Tourismus-Lobby Exceltur. Langsam werde die Zeit knapp, um Insolvenzen und Arbeitsplatzverluste zu vermeiden. Auch müsse die Impfkampagne beschleunigt werden. Zoreda forderte erneut einen staatlichen Rettungsplan für den Tourismus.
Derweil ließen führende Politiker durchblicken, dass die Ostersaison abzuschreiben sei. „ Es ist schwer vorstellbar, dass es dann eine völlige Bewegungsfreiheit im touristischen Umfeld geben wird“, sagte Regierungssprecherin und Finanzministerin María Jesús Montero. Auch Valencias Ministerpräsident Ximo Puig (PSOE) warnte davor, kurzfristig falsche Hoffnungen zu wecken: „ Die Ostersaison zu retten ist keine Priorität.“
Zwei Nullrunden sind beispiellos in Geschichte des Tourismus