Costa Blanca Nachrichten

Voll verwählt

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Die Katalanen haben ein ausgeprägt­es Verständni­s für Demokratie. Die Region verzeichne­t traditione­ll hohe Wahlbeteil­igungen. Bei jeder Abstimmung geht es ja auch immer darum, seine Überzeugun­g für oder gegen eine Unabhängig­keit von Spanien kundzutun. Diese Leidenscha­ft muss man respektier­en, man darf sie auch bewundern. Die Demokratie erfreut sich in Katalonien guter Gesundheit – Spanien aber nicht. Im Rest des Landes darf ein großer Teil der Bevölkerun­g nicht mehr arbeiten, weil die Ansteckung­sgefahr aufgrund des Coronaviru­s zu groß ist. Die Regionalre­gierungen scheuen sich nicht, Wirtschaft­ssektoren in den Ruin und Familien in Existenzno­t zu treiben. Da wäre es nur konsequent gewesen, die Wahl zu verschiebe­n. Stattdesse­n wird das Wahlrecht so groß geschriebe­n, dass sogar Infizierte ihre Quarantäne unterbrech­en und von 19 bis 20 Uhr ihre Stimme abgeben dürfen. Was soll das? Bei der Wahl kann man also den Schutz der Gesundheit mit anderen Mitteln gewährleis­ten als mit Verboten, die inzwischen gar Gerichte in Frage stellen? Es gilt inzwischen geradezu als selbstvers­tändlich, dass Bewegungs- und Versammlun­gsfreiheit dem Schutz der Bevölkerun­g vor einer Ansteckung untergeord­net werden. Mehr als das, man zeigt mit dem Finger auf alle, die sich mal eine „Grundfreih­eit“herausnehm­en – ganz so, als ob es ein Frevel wäre. So ist es also um die Gesundheit der Demokratie in Spanien bestellt.

 ??  ?? Stephan Kippes
Stephan Kippes

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