„Die Reise war mein Jakobsweg“
Hundetrainerin Andrea Keller ist mit fahrbarem Heim zwischen Deutschland und Spanien unterwegs
Dénia – ab. Ein Wohnanhänger, ein Hund und eine Frau. Wo auch immer Andrea Keller mit ihrem gemütlich gestalteten Heim auf Rädern und Hündin Möhrchen auftaucht, wird man auf das Gespann aufmerksam. Kein Wunder, denn schließlich begegnet man nicht alle Tage einer Frau, die als reisende Hundetrainerin auf den Straßen Spaniens unterwegs ist.
„ Ich bin süchtig danach“, sagt Andrea Keller und meint damit ihren Beruf, der für sie, wie sie sagt, eine Berufung ist. Die Aussage unterstreicht die Reiseleidenschaft einer Frau, die unermüdlich zwischen Deutschland, dem spanischen Festland und Mallorca pendelt. Auf der Ferieninsel betrieb die Zahntechnikerin aus dem Raum Göttingen viele Jahre ihr eigenes Labor.
Nach 16 Jahren Mallorca habe sie zurück in Deutschland mit Anfang 40 noch einmal alles umgekrempelt und sich einen alten Traum verwirklicht: nämlich den, mit Hunden zu arbeiten. „ Vor meiner Ausbildung zur Zahntechnikerin wollte ich zur Hundestaffel der Polizei“, erzählt Keller. Dieser Berufswunsch sei aber wegen ihrer Größe gescheitert. „ Ich war drei Zentimeter zu klein.“
Ihrer Berufung folgend hängte sie ihren lukrativen Job als Zahntechnikerin an den Nagel und ging fortan bei renommierten Tiertrainern wie etwa Clarissa von Reinhard in die Schule – ihrer letzten Ausbildungsstation, bevor sie die Erlaubnis nach Paragraph 11 erhielt, die sie vor allem in Deutschland befähigte, als Hundetrainerin zu praktizieren.
Während einer Reise mit dem Wohnanhänger seien ihr dann so viele Hundehalter mit Erziehungsproblemen begegnet, dass ihr auf dieser Fahrt ihr weiterer Weg klar geworden sei. „ Die Reise war mein Jakobsweg“, umschreibt es
Keller. „ Sie verstehe sich als Verhaltensberaterin für Tier und Mensch, sagt die passionierte Hundetrainerin. „ Meine Arbeit ist sehr individuell. Ich arbeite vor allem auch mit dem Menschen, damit ich seinem Hund helfen kann. Im Grunde genommen bin ich eigentlich ein Menschen-Coach.“Seinen Hund und damit sein Verhalten zu verstehen, sollte an vorderster Stelle für ein harmonisches Miteinander stehen, meint die Trainerin. 85 Prozent der Fehler, die Hundehalter bei der Erziehung ihrer Vierbeiner begehen, seien auf Missverständnisse zurückzuführen.
Zahlreichen Kunden quer durch Spanien und Deutschland konnte Keller ein wertvoller Coach sein. Dadurch seien im Laufe der Zeit viele Freundschaften entstanden.
„ Mir liegt sehr daran, dass Hundehalter genau verstehen, was sie tun, und dass sie nicht einfach nur nachmachen, was sie irgendwann einmal irgendwo aufgeschnappt oder in einer Fernsehsendung gesehen haben“, erklärt die Trainerin. „ Auf den Hund wird meistens zu wenig geachtet. Aber er ist ein Lebewesen mit Seele, das einen eigenen Charakter und Bedürfnisse hat.“
Derzeit macht Andrea Keller Station in Dénia, wo man sie zuweilen im Tierheim antrifft. Ob es ihr nicht manchmal langweilig wird so alleine? Andrea Keller lacht und sagt: „ Überhaupt nicht. Ich finde es schön, alleine mit mir zu sein. Jetzt in der Corona-Pandemie arbeite ich vor allem per Videokonferenz mit meinen Kunden. Außerdem habe ich so viele Bücher zu lesen.“
Mit dem Kauf eines Grundstücks hat sich die Residentin jetzt in Dénia den Grundstein für ein Projekt mit Hunden gelegt. Doch schon sehr bald will sie sich wieder mit ihrem Wohnanhänger und Möhrchen auf Fahrt begeben. Denn eine reisende Hundetrainerin hält es nie sehr lange an einem Ort.
„Ich arbeite mit dem Menschen, um seinem Hund zu helfen“