Casanovas Wolkenkratzer
Ein Mann mit „Talenten“: Wer hinter dem umstrittenen Hochhaus-Projekt in Torrevieja steckt
Torrevieja – mar. Im Streit um die geplanten zwei Hochhäuser am Acequión-Strand und die damit verbundene Umgestaltung oder Einverleibung des Parkes Doña Sinforosa wechseln sich widersprüchliche Angaben ab. Der Entwickler, Grupo Baraka, behauptet, die Grünfläche würde sich durch ihre Maßnahmen verdoppeln, während die linke Opposition meint, dass der Bauträger den Park überhaupt nicht anrühren dürfte.
Rathauschef Eduardo Dolón habe dem Bauherren im Vorprojekt einfach unrechtmäßig Zugriff auf das städtische Eigentum eingeräumt. Die Bürger Torreviejas fragen sich aufgrund des Gebarens des Bürgermeisters, wer eigentlich hinter Grupo Baraka steckt, die nach Angaben des Immobilienportals Idealista rund 60 Millionen Euro in die zwei Hochhäuser – ein Wohnund ein Hotelbau von je 26 Stockwerken und 82 Metern Höhe – stecken will. 130 Wohnungen und 250 Ferienappartements sowie 250 Hotelzimmer werden so entstehen und die „ Wolkenkratzer“zudem einen Paradigmenwechsel im städtischen Tourismuskonzept herbeiführen, das die eher gemächliche Salzstadt zu einer Art Neu-Benidorm machen könnte (CN berichtete).
Der Mann hinter dem Projekt heißt Trinitario Casanova, Anfang 60, der in Orihuela geboren wurde, aber heute im Nobelvorort La Moraleja von Madrid lebt und dem die Grupo Baraka mehrheitlich gehört. Er wurde mit dem Prinzip „ billig kaufen, teuer verkaufen“steinreich, das Portal eldiario.es schätzt sein Vermögen auf eine halbe Milliarde Euro. Berühmt wurde er nicht nur mit einem spektakulären Deal, bei dem er das Edifico España, eine Ikone Madrids, an nur einem Tag kaufte und verkaufte, sondern er ist auch ein häufig gesehener Gast in den Gerichtssälen des Landes. Sein Umkreis nennt ihn „ El Trino“, der sich – so eldiario.es – gern mit Luxus umgibt und sich Loyalitäten durch Geschenke und Reisen erkaufe. Obwohl er ein eingefleischter Fan von Real Madrid sei, miete er regelmäßig eine Bombardier vom FC Barcelona als Privatjet an.
Nicht so glamourös sieht indes die Rechtshistorie aus. Die französische Investorengruppe Corum, die an einer der Firmen Casanovas beteiligt war, stellte 2020 fest, dass diese leergeräumt wurde. Der Alteigner, also Casanova, hatte die Gesellschafteranteile an seinen Chauffeur übertragen und Konkurs angemeldet, Casanova habe die Firma wie eine abgelegte Geliebte behandelt. Der Fall ist noch anhängig, in anderen kam es bereits zu Verurteilungen, unter anderem gab es eine einjährige Haftstrafe für die Verbreitung von martktbeeinflussenden Gerüchten bei einem Börsengang und eine Zahlung über 750.000 an zwei Firmen, die sich beim Verkauf des Edificio España übervorteilt sahen.
In der verruchten Branche des spanischen Bau- und Immobilienwesens ist Casanova eine Legende, ein klassischer Self-Made-Mann ohne Skrupel und mit „ Talenten“. Sein erstes Geld machte der Sohn eines Zitronenbauern, indem er mit 17 Jahren den Nachbarsbauern die Ernte per Schätzung pauschal abnahm, mit eigenen Leuten ernten ließ und ohne Zwischenhändler mit Lkws nach Nordeuropa brachte. Er heiratete dann in eine Murcianer Juweliersfamilie ein und startete ins größte Geschäft der Nach-Franco-Zeit, den Bau von Ferien- und Eigentumswohnungen entlang der Küsten. Aber nicht nur dort: El Trino lasse keine gute Gelegenheit aus, um Geld zu machen, versichern mehrere spanische Medien, die genüsslich das Luxusleben des Business-Mannes breittreten, das mit seinem Markenfetisch und Drang nach Glitzer sehr an das Gebaren eines neureichen russischen Oligarchen erinnert. Derzeit sind seine Firmen an Projekten in Murcia und er indirekt auch am Projekt Madrid Nuevo Norte beteiligt. Er kaufte Ansprüche enteigneter Grundeigentümer auf und will vor Gericht Nachzahlungen in dreistelliger Millionenhöhe erwirken.
Laut eldiario.es sehe Casanova „ nichts Schlechtes darin, die Säulen zu verteidigen, auf der Spaniens Wirtschaft ruht: Tourismus, Landwirtschaft, Bau“. Von Spekulation sagte er allerdings nichts. Man hätte
„ nach der geplatzten Blase 2008 alles verteufelt, was mit Bauen zu tun“habe, das sei ungerecht. Das einzige, was neue Projekte und den Erfolg behindere, sei die „ langsame Administration von Genehmigungen“, übersetzt: das lästige Mitspracherecht der Bürger darüber, wie ihre Stadt aussehen soll. Glück für Casanova, dass Torrevieja einen Bürgermeister hat, der das ganz ähnlich sieht wie er.
In der verruchten Baubranche ist „El Trino“eine Legende