Chaostage in Katalonien
Plünderungen, Vandalismus, Straßenkampf – Proteste gegen Rapper-Verhaftung eskalieren
Barcelona – sk. Die gewalttätigen Ausschreitungen am Rande der Proteste gegen die Festnahme des Rappers Pablo Hasél mit 4.000 Teilnehmern haben am Samstag einen Wendepunkt erreicht. Einige Dutzend vermummte Radikale griffen Polizisten mit Feuer an und setzten in Barcelona einen Kleinbus der Polizei auf der Rambla in Brand – mit einem Beamten im Inneren, der sich aufgrund der schweren Rüstung mit Mühe aus dem Fahrzeug retten konnte.
Am Sonntag erwachte Barcelona schon zum achten Mal mit unübersehbaren Spuren der Chaosnächte, zerstörte Geldautomaten und Bankfilialen, eingeworfene Scheiben und geplünderte Geschäfte. Diesmal nahm Bürgermeisterin Ada Colau kein Blatt vor den Mund und verurteilte die Straßenschlachten „ energisch“. Die Stadt werde als Nebenkläger in der Verhandlung gegen die acht Personen auftreten, die mit dem Brandanschlag auf den Polizeiwagen in Verbindung gebracht werden. Innenminister Miquel Sàmper sprach von einer neuen Dimension urbaner Gewalt, die maßlos, ja überzogen sei.
14 weitere dieser Chaoten nahm die Polizei noch in der Nacht der Ausschreitungen fest. Sàmper ordnete einige der jungen Radikalen dem politischen Umfeld der CUP zu, mit der die katalanischen Republikaner Verhandlungen über die Regierungsbildung führen. Möglicherweise ein Grund, weshalb die Politik sich bis Samstagnacht derart zurückhaltend verhielt.
Jedenfalls drängt die CUP die ERC und Junts auf Auflösung oder
Neudefinition der Einsatzbereiche der Bereitschaftspolizei Brimo. Zu den zentralen Forderungen der CUP zählt, dass bei Protesten keine Schaumkugeln mehr zum Einsatz kommen. So verlor in der zweiten Protestnacht eine Demonstrantin vermutlich aufgrund eines dieser Projektile ein Auge.
Während sich die Landespolitiker zurückhielten, fühlte sich die katalanische Landespolizei Mossos d’Escuadra im Stich gelassen und zudem überfordert mit einer schon zwei Wochen andauernden Konfliktsituation in mehreren katalanischen Städten. Die Geschäftsleute in Barcelona, fordern die Politik auf, „ ohne Komplexe“gegen gewalttätige Demonstranten und ihre Zerstörungswut vorzugehen.
Viele wollen zusätzlich zu den Umsatzeinbußen aufgrund der Coronavirus-Krise nicht auch noch Beschädigungen an ihren Läden und Plünderung des Inventars hinnehmen – ganz abgesehen davon, dass sie sich um den Imageschaden der Stadt sorgen. Ministerpräsident Pedro Sánchez verurteilte die Ausschreitungen bei den Demonstrationen für mehr Meinungsund Künstlerfreiheit. „ Vandalismus und Gewalt“seien „ inakzeptabel“. Sánchez hatte zuvor einen besseren Schutz der Meinungsfreiheit versprochen – passiert ist in dieser Richtung jedoch bisher gar nichts. Der Auslöser für die Gewaltwelle war die Inhaftierung des Rappers Pablo Hasél, der unter anderem wegen Beleidigung der Monarchie und Verherrlichung von Gewalt eine Gefängnisstrafe absitzen muss.
Geschäftsleute fordern, „ohne Komplexe“gegen die Vandalen vorzugehen