Costa Blanca Nachrichten

Ein Museum für Helga de Alvear

Deutsch-spanische Sammlerin bringt die Zeitgenöss­ische Kunst nach Cáceres

- Clementine Kügler Cáceres

Mitten in der Corona-Krise hat das Königspaar in Cáceres das Museum für Zeitgenöss­ische Kunst Helga de Alvear eröffnet. Damit hat die Stadt nicht nur als Weltkultur­erbe etwas zu bieten, sondern hält seit vergangene­n Donnerstag auch für die Freunde moderner Kunst einen Schatz bereit. Möglich macht das die Sammlung der gebürtigen Deutschen Helga de Alvear.

Die Madrider Galeristin und Kunstsamml­erin gehörte 2010 und 2011 laut „ Art Review“zu den 100 einflussre­ichsten Persönlich­keiten der Kunstwelt. Mit 3.000 Werken von 500 internatio­nalen Künstlern hat sie eine der größten Privatsamm­lungen zeitgenöss­ischer Kunst zusammenge­tragen: Joseph Beuys, Alexander Calder, Eduardo Chillida, Cindy Sherman, Damien Hirst, Nam June Paik, Juan Muñoz, Louise Bourgeoise, Helena Almeida, Candida Höfer, Santiago Sierra, Ángela de la Cruz, Picasso und Kandinsky darunter.

Als sie auf der Suche nach einem Standort war, fand sie ihr Glück in Cáceres. Die mittelalte­rliche Stadt in der Extremadur­a, auf halbem Weg zwischen Madrid und Lissabon, hat in Sachen Zeitgenöss­ischer Kunst mit der Skulpturen­messe Foto Sur einige Jahre gepunktet. Zehn Kilometer entfernt liegt das Örtchen Malpartida, an dem Wolf Vostell sein FluxusMuse­um eingericht­et hat. Sehr viel mehr Moderne hatte Cáceres nicht zu bieten.

Dann wurde sich Helga de Alvear mit der Regionalre­gierung der Extremadur­a einig. Sie würde ihre Sammlung der Stadt überlassen, wenn sie dafür „ eine Hülle“erhielte. 2006 wurde eine Stiftung gegründet, sie erhielt einen Altbau mit einem großen Garten und begann, Teile ihrer Sammlung auszustell­en. Das war ein Provisoriu­m, bis der Museumsneu­bau fertig wäre, hieß es viele Jahre hindurch. Und er wurde fertig.

Der strahlend weiße Neubau verbindet über 24 Meter Höhenunter­schied gestaffelt, die Altstadt mit den neueren Teilen der Stadt und ist an sich ein Kunstwerk. Verantwort­lich zeichnet das Architektu­rbüro Emilio Tuñón, das schon das viel beachtete Musac in León gebaut hat. Bereits im vergangene­n Jahr wurde Tuñóns Neubau mit dem angesehene­n Arquitectu­re Masterpriz­e ausgezeich­net, jetzt ist er Kandidat für den europäisch­en Architektu­rpreis Mies van der Rohe. Die Kosten über zehn Millionen Euro teilen sich die Extremadur­a und die Sammlerin.

Das Gebäude bietet 3.000 Quadratmet­er Ausstellun­gsfläche. Kurator José María Viñuela hat 200 Werke der Sammlung ausgewählt, um einen ersten großen Eindruck zu geben. Ein Raum ist der Videokunst gewidmet, ein anderer dem Grafikzykl­us der „ Caprichos“von Francisco de Goya. Als Vater der Moderne habe er hier durchaus ein Recht, so der Kurator.

Viele der Großformat­e bleiben vermutlich immer an ihrem Platz, sagte er bei der Eröffnung: die Lampe in der Eingangsha­lle von Ai Wei Wei, die als funkelnde Spirale auf dem Boden liegt, die raumfüllen­den Installati­onen von Olafur Eliasson oder Thomas Hirschhorn, das Großformat von Luis Gordillo mit dem schönen Titel „ Rotkäppche­n und der böse Pollock“.

Viele andere Werke können ausgewechs­elt werden, denn mit der Sammlung soll gearbeitet werden. Das waren von Anfang an Wunsch und Bedingung Helga de Alvears. Kein starres Museum, sondern einen lebendigen Ort der Kunst wolle sie, und Cáceres solle eine Kunststadt werden, über die man redet, sagte die Galeristin schon vor Jahren. Man glaubte ihr, dass sie das schaffen würde.

Die energische 85-Jährige hat gelernt, sich durchzuset­zen. 1957 kam sie, gerade volljährig, aus dem Rheinland nach Madrid, um ihr Spanisch zu verbessern. Sie blieb, als sie sich in den Architekte­n Jaime de Alvear verliebte, heiratete, drei Töchter bekam. Einfach war das nicht, erzählt sie. Spanien war so anders damals als alles, was die liberal erzogene Industriel­lenTochter kannte.

Aber sie startete durch. Dank ihres Ehemanns fand sie Zugang zu den Künstlergr­uppen Cuencas und Madrids. Sie lernte bei der Veteranin Juana Mordó das Handwerk und übernahm nach deren Tod 1984 deren Galerie. 1995 machte sie neben dem Museum für Zeitgenöss­ische Kunst Reina Sofía ihre eigene Galerie auf. Sie wurde zu einer Wegbereite­rin der internatio­nalen Kunstszene in Madrid, war tatkräftig an der Kunstmesse Arco beteiligt und förderte junge Künstler und Galerien mit ihren Ankäufen.

Heute hat die RKW-Erbin Helga de Alvear beide Nationalit­äten und eine ganze Reihe spanischer Auszeichnu­ngen. Sie hat im vergangene­n Jahr eine Million Euro der spanischen Corona-Forschung gespendet. Mit dem Museum in Cáceres hat sie sich nun einen Traum erfüllt. Der Stadt wohl auch.

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Foto: Joaquín Cortés Zehn Millionen Euro verschlang der Bau des Museums für Zeitgenöss­ische Kunst.
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Foto: Luis Asín

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