Newcomerin räumt ab:
Vier Goyas für „Las Niñas“von Regisseurin und Drehbuchschreiberin Pilar Palomero – Antonio Banderas führt durch Gala
Vier Goyas für „ Las Niñas“von Pilar Palomero – Banderas führt durch Gala in Málaga
Málaga – dpa/ann. Gleich mit ihrem ersten Spielfilm „ Las Niñas“(„Mädchen“) hat Regisseurin und Drehbuchautorin Pilar Palomero einen Coup gelandet: Der Film über die Erlebnisse der elfjährigen Celia im Spanien Anfang der 1990er Jahre wurde bei der Verleihung der Goya-Preise in der Nacht zum Sonntag in Málaga als bester Film gekürt. Bei der 35. Ausgabe erhielt das Drama außerdem die Preise in den Kategorien bestes Original-Drehbuch, beste Nachwuchsregie sowie beste Kameraführung. Durch die Gala führte Schauspieler Antonio Banderas.
Das Erstlingswerk von Palomero, die auch das Drehbuch schrieb, hatte auf der Berlinale 2020 Weltpremiere gefeiert. Die Coming-ofAge-Geschichte handelt von der Freundschaft von Schulmädchen und ihrem Aufbegehren gegen die konservative Atmosphäre ihrer Nonnenschule und der spanischen Gesellschaft vor drei Jahrzehnten. Im Jahr der Olympischen Spiele 1992 in Barcelona und der Expo in Sevilla herrschte in Spanien Aufbruchstimmung.
Die Hauptfigur der Celia trägt autobiografische Züge der 40 Jahre alten Regisseurin. Den Menschen und auch ihr sei die spanische Gesellschaft in der Stadt Zaragoza damals sehr offen und modern erschienen. „ Erst als Erwachsene habe ich bei der Lektüre meiner Tagebücher gemerkt, dass wir damals Werte übermittelt bekommen haben, die sehr stark von der Machokultur geprägt waren“, sagte Palomero.
Der Goya für die beste Regie ging an Salvador Calvo für seinen
Film „ Adú“. Als beste Hauptdarstellerin wurde Patricia López Arnaiz für ihre Rolle in dem Film „ Ane“geehrt und Mario Casas erhielt für seine Darstellung des jungen Dani in „ No matarás“den Preis als bester Hauptdarsteller. Als bester europäischer Film wurde in Málaga die britische Produktion „ The Father“des französischen Regisseurs Florian Zeller geehrt, der auch das vorangegangene Theaterstück gleichen Namens geschrieben hatte. „ El olvido que seremos“aus Kolumbien wurde als bester iberoamerikanischer Film gekürt.
Hollywood-Star Antonio Banderas führte im Teatro Soho in seiner Heimatstadt gemeinsam mit Moderatorin María Casado durch den Galaabend. Die Preisverleihung fand diesmal wegen der Pandemie erstmals als Hybridveranstaltung statt. Neben Banderas traten lediglich mehrere spanische Filmstars und Persönlichkeiten wie Pedro Almodóvar oder Penélope Cruz persönlich auf, um den per Internet zugeschalteten Künstlern die Preise symbolisch zu überreichen. Nur die Sängerin und Schauspielerin Ángela Molina (65), die den Goya-Ehrenpreis für ihr Lebenswerk erhielt, durfte die Auszeichnung persönlich in Empfang nehmen. Einige Musikeinlagen fanden ebenfalls auf der Bühne des Theaters statt.
„ Es gibt keinen größeren Albtraum in der Welt des Kinos, als der eines leeren Saales“, sagte Antonio Banderas zu Beginn der Gala. Er habe über seine Rolle und die des Films und der Kultur im Allgemeinen in dieser Pandemie nachgedacht, die „ wie ein Tsunami“über alle hereingebrochen sei.
„ Wir sind Geschichtenerzähler, und das ist unweigerlich das, was wir tun werden“, erklärte der Malagueño. „ Wir werden die Geschichte dieser Tage erzählen, jeder auf seine Weise, um zu verstehen, wie uns diese Realität bewegt hat. Was uns berührt hat, was uns weinen ließ, was uns wütend oder was uns Angst gemacht hat.“Gemeinsam mit den Technikern, den Orchestermitgliedern und den zugeschalteten Künstlern hielt Banderas eine Gedenkminute für die Opfer der CoronaPandemie ab.
Der Schauspieler erinnerte außerdem an die Geschichte des Teatro Soho. „ In genau diesem Gebäude eröffnete 1907 das erste Kino Málagas, das sogenannte Cine Pascualini“, erzählte Banderas. Zweimal sei das Kino zerstört worden, einmal 1937 durch eine Bombe im Spanischen Bürgerkrieg, und das zweite Mal durch einen Brand im Jahr 1988. „ Doch diese kleine Geschichte kann uns als Metapher dienen, als einfacher Schlüssel, um im Leben zu bestehen: hinfallen und wieder aufstehen. Aus der Asche auferstehen und weitermachen.“
Banderas verlieh der Veranstaltung einen internationalen Anstrich und nutzte seine guten Beziehungen für die Causa des spanischen Films: Der 60-Jährige schaffte es, dass sich zahlreiche internationale Filmstars wie Robert de Niro, Al Pacino, Dustin Hoffman, Nicole Kidman, Helen Mirren, Tom Cruise, Mel Gibson, Naomi Watts oder Emma Thompson der Goya-Gala online zuschalteten, um der von Corona gebeutelten Industrie ihre Unterstützung auszusprechen.
Für einen Eklat bei der GoyaVerleihung sorgte die Liveübertragung der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalt RTVE auf Facebook. Über ein offenes Mikro waren ein paar Minuten lang derbe Macho-Kommentare eines RTVEKamerateams bei der Ankunft der Stars am Teatro Soho zu hören. Unter anderem hört man bei dem Live-Mitschnitt, wie die Männer über eine der Künstlerinnen sagen
„ ich weiß nicht, wo sie die ausgegraben haben, voll die Nutte...“. In Sozialen Netzwerken brach ein Sturm der Empörung los. RTVE hat inzwischen eine interne Untersuchung des Vorfalls eingeleitet.
„Der größte Albtraum des Kinos ist der eines leeren Saales“