Total verzockt
Drei Überläufer vermasseln Misstrauensvotum, das 26 Jahre konservative Herrschaft beenden sollte
Mittels eines Misstrauensvotums wollte Ciudadanos in Murcia die PP, Seniorpartner in der gemeinsamen Koalition, von der Macht verdrängen. Doch drei ihrer sechs Abgeordneten sind von der PP mit Ministerposten geködert worden. Das Misstrauensvotum hat nun kaum noch Aussichten auf einen Erfolg.
Murcia – sg. Dem politischen Erdbeben in der Region Murcia ist ein nicht minder spektakuläres Nachbeben gefolgt. Am 10. März hatte der kleine Partner der Regierungskoalition, Ciudadanos (C’s), gemeinsam mit der Oppositionspartei PSOE einen Misstrauensantrag gegen den amtierenden Landesministerpräsidenten der konservativen Volkspartei PP, Fernando López Miras, gestellt. Dass das Unterfangen erfolgreich ausgehen würde, daran zweifelte niemand. Die sechs Abgeordneten von C’s, 17 von der PSOE und zwei des Linksbündnisses Podemos Unidas kamen auf 25 Stimmen. Das sollte locker reichen bei 20 Gegenstimmen von 16 Vertretern der PP und vier Rechtsaußen von Vox.
Große Überraschung
Doch nun die Überraschung: Nur zwei Tage später, am 12. März, verkündete die PP das Scheitern des Misstrauensvotums und präsentierte drei Vertreter von Ciudadanos, die gegen den Antrag stimmen wollen. Bei den so genannten Überläufern handelt es sich um die Vizepräsidentin und Landesfamilienministerin Isabel Franco sowie die Abgeordneten Valle Miguélez und Francisco Álvarez. Allen dreien wurde ein Posten in der neuen Koalitionsregierung zugesichert. Franco bleibt demnach Vizepräsidentin, Álvarez bekommt das Landesministerium für Arbeit und Miguélez wird Regierungssprecherin und Landesministerin für Industrie und übernimmt damit das Amt von Ana Martínez Vidal (C’s), die nach dem Misstrauensvotum Murcias neue Landeschefin werden wollte. Ein weiterer Schlag ist die Ankündigung des Präsidenten der Regionalversammlung und C’sVertreter Alberto Castillo, sich zu enthalten. Dann stünde es in Stimmen 21 zu 23 für die amtierende Regierungskoalition und López Miras könnte sich als Landeschef im Amt halten.
Siegessicher forderte López Miras, den Antrag zurückzuziehen. PSOE und Vidal scheinen aber nicht daran zu denken. Das Misstrauensvotum werde durchgeführt, hieß es. Vidal warf den Überläufern, die aus der Partei ausgeschlossen wurden, vor, sich für 76.000 Euro Jahresgehalt und einen Chauffeur, der sie bis zur Haustür fährt, verkauft zu haben. Sie wies darauf hin, dass alle drei zuvor den Misstrauensantrag unterschrieben hätten.
Wie das Misstrauensvotum ausgeht, wird am 17. und 18. März in der Regionalversammlung entschieden (nach Redaktionsschluss). Auch wenn vieles auf ein Scheitern hinweist, bleibt eine Ungewissheit. Drei der vier Vox-Vertreter, die im Clinch mit ihrer Partei liegen, könnten das Zünglein an der Waage sein. Ob sie für oder gegen den Misstrauensantrag stimmen werden, ließen sie offen. Obwohl es als unwahrscheinlich gilt, dass sie eine sozialistische Partei unterstützen werden.
C’s und PSOE begründeten das
Misstrauensvotum mit Korruptionsvorwürfen gegen die PP und den Impfskandal um den zurückgetretenen Gesundheitsminister Manuel Villegas, der sich, seine Frau und höhere Beamte seiner Gefolgschaft außer der Reihe gegen Covid-19 hatte impfen lassen. Ein erfolgreiches Misstrauensvotum würde die 26 Jahre dauernde Vorherrschaft der PP beenden.
Nicht nur gegen Landeschef Fernando López Miras streben C’s und PSOE ein Misstrauensvotum an, auch gegen die Koalition zwischen C’s und PP im Rathaus von Murcia. Der stellvertretende Bürgermeisters Mario Gómez (C’s) hatte der Polizei reichlich Dokumente über mutmaßliche Korruption bei der Vergabe von öffentlichen Aufträgen in Millionenhöhe übergeben. Daraufhin leitete die PP rechtliche Schritte gegen Gómez wegen Untreue und Geheimnisbruch ein.
Der Misstrauensantrag wird am 25. März im Rathaus von Murcia debattiert und könnte das Ende der ebenfalls 26 Jahre dauernden Herrschaft der Volkspartei beenden.
Überläufer für 76.000 Euro und einen eigenen Chauffeur gekauft