Liebe Leser,
ein Jahr lang leben wir in Spanien schon mit dieser Plage und mehr oder weniger unter den Auflagen des Notstandsdekrets. Dutzende Male ließen wir Revue passieren, wie dieses Coronavirus unser Leben auf den Kopf gestellt hat. Nun aber steigt es uns zu Kopf.
Auf viel Verständnis stieß die Entscheidung der Regierung ja nicht mehr, die Ostersaison zu beerdigen und Regionen trotz der niedrigen Inzidenzwerte abzuriegeln.
Dennoch, die Spanier wären wohl noch mitgezogen. Nicht mehr mit der gleichen Überzeugung, aber aus Empathie mit denen, deren Existenz von der Hochsaison abhängt. Dass dem Infektionsrisiko nicht die Bedeutung eingeräumt wird, die es Experten zufolge verdient, kann man schon seit einer geraumen Weile beobachten. Stattdessen trifft die Bevölkerung verstärkt Freunde und pflegt familiäre Kontakte. Trotzdem, es hält sich noch im Rahmen. Gleichzeitig werden ja weite Teile der Risikobevölkerung geimpft und die Belastung der Krankenhäuser lässt nach. Wir haben ja Einschränkungen unserer Freiheiten auf uns genommen, um die ältere Bevölkerung zu schützen und das Gesundheitswesen vor dem Kollaps zu bewahren.
Nun aber öffnet sich Mallorca für den deutschen Pauschaltourismus, und Touristen können Ende März via Ryanair auch an die Costa Blanca fliegen, während es der Bevölkerung vor Ort verboten bleibt, Ostern im Ferienhaus einer anderen Region zu verbringen. Das muss den Spaniern wie ein Schlag ins Gesicht vorkommen. Ich empfinde das als Respektlosigkeit, schlicht unfair. Obendrein halte ich das für einen politischen Pfusch. Mit der gleichen Respektlosigkeit könnten Spanier bald auch ihrer Regierung und den Verordnungen begegnen, die letztendlich die Bevölkerung vor Corona schützen sollen. Sich hinzustellen und das Volk zu ermahnen „ Es ist keine Zeit für Fiestas – auch nicht in den Chalets“und gleichzeitig dem Massentourismus Tür und Tor zu öffnen, grenzt an Zynismus. Man darf gespannt sein, ob die Touristen sich nach Zapfenstreich brav in ihre Appartements zurückziehen und die Tapetenmuster studieren.