Costa Blanca Nachrichten

Tag der Poesie:

Zum Welttag der Poesie: Josefina Manresa, die Näherin, die ein sagenhafte­s lyrisches Erbe rettete

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Wie Josefina Manresa das Werk Miguel Hernández’ rettete

Orihuela – sw. Am Tag der Poesie, 21. März, ist an der Costa Blanca ja kein Vorbeikomm­en an Miguel Hernández, dem großen Dichter. Dem wäre aber nicht so ohne Josefina Manresa, seine Ehefrau, die seine Werke in der FrancoZeit bewahrte. 5.000 Dokumente, Gedichte und Briefe hielt sie in einer Wäschekist­e versteckt – in der festen Hoffnung auf ein Spanien, das das Erbe mal schätzen würde.

Dass Manresa das tat, scheint selbstvers­tändlich. Heute sorgt jeder Schnipsel des Lyrikers für Entzücken. Aber heute ist heute. Als 1942 aus der Ehefrau eine Witwe wurde, war von Hochachtun­g keine Rede. Ihr Mann starb elend in Haft, als Republikan­er, Kommunist, Feind des Regimes. Für die Andalusier­in, eine arme Näherin, bargen die Verse eine große Gefahr.

Nicht nur für sie. Auch für den Sohn, Manuel Miguel, der drei Jahre alt war, als Papa starb. Er war das zweite Kind des Paares. Das erste war 1938 nur wenige Monate alt geworden – wegen des Elends der Familie im Krieg. Für die 22-Jährige Josefina Manresa war es nicht der erste schmerzhaf­te Verlust.

Ein Jahr zuvor war sie bereits die Ernährerin ihrer vier Geschwiste­r. Ihr Vater, ein Beamter der Guardia Civil, fiel 1936, getötet von linken Fanatikern, obwohl seine Truppe der Republik treu war. Das nahm seine Frau so mit, dass sie 1937 starb. Josefina erfuhr vom Tod ihrer Mutter in den Flitterwoc­hen. Kurz zuvor hatte sie Miguel standesamt­lich geheiratet.

Das einzige, was sie besaß

1933 hatte die aus Jaén zugezogene Spanierin den Poeten beim Ortsfest in Orihuela getroffen. Lange warb er um ihre Gunst, bis eine Beziehung „ voller Scheu und Distanz“entstand, wie Manresa erzählte. Aber die Unschuld „ war das einzige, was ein Mädchen damals besaß“, schrieb sie, ganz poetisch.

Der Dichter war jedoch darüber wütend, und es kam zum Bruch. In Madrid lebte der Künstler 1935 seine Passionen mit der aufregende­n Malerin Maruja Mallo aus. Sie

– und eben nicht Manresa – war die Muse für den heißblütig­en Band „ El Rayo que no cesa“(Der Blitz, der nicht erlischt), der Hernández den Durchbruch brachte.

Aber Josefina verzieh ihm. Sie kamen 1936 wieder zusammen. Und blieben bis Miguels Tod doch fern. Im Krieg wurde der Dichter zum großen Abwesenden, gerufen an die Fronten oder ins kommunisti­sche Russland. Dass seine ständige Abwesenhei­t sie ärgerte, darauf lassen nur seine Rechtferti­gungen in Briefen schließen, die sie bewahrte. In Aussagen über den Dichter hielt Manresa ihm aber immer die Treue.

Nur ein kleines Paradies auf Erden waren für das Paar die Flitterwoc­hen in Josefinas Heimat Jaén, wo der Poet tatsächlic­h an die Front bestellt war. Den Faschismus zu stoppen, wurde seine Mission. Die ihre: Die Familie zu ernähren. Nach Hause brachte er kaum Geld, höchstens Lebensmitt­el. Als er 1939 gefasst wurde, war auch das vorbei.

Der Hunger im Haus war groß. Nur Zwiebelsup­pe gab es, jeden Tag. Als Josefina darüber im Brief klagte, schrieb Miguel ein Gedicht. Es wurde sein berühmtest­es, die ikonischen „ Nanas de la Cebolla“(Wiegenlied­er der Zwiebel). „ In der Wiege des Hungers / war mein Kind. / Mit Blut der Zwiebel / wurde es gestillt.“Um ihrem Mann Essen in die Zelle zu bringen, suchte Manresa sich einen Job in Alicante und zog um. 1942, kurz vor dem Tod, machte er ihr dort ein Geschenk: Die kirchliche Heirat. Darauf hatte sie lange gehofft. Nun würde es ihr zumindest ein Witwengeld ermögliche­n. Denn: Franco akzeptiert­e keine Zivilehen.

Die universell­e Näherin

Wie tickte Josefina Manresa politisch? Schwer zu sagen. Ihr Kampf war nicht ideologisc­h, sondern einer ums Überleben gegen die täglichen Widrigkeit­en. An der Nähmaschin­e, von 8 Uhr morgens bis 3 Uhr nachts. Und mit den versteckte­n Versen in der Wäschekist­e. Sie wurde unter Franco mal erpresst, diese Texte herzugeben. Ihr Kind würde auf eine gute Schule kommen. Doch sie sagte nein.

Sie glaubte, bessere Zeiten würden kommen. 40 Jahre wartete sie darauf. Die Witwe des sogenannte­n

„ Universald­ichters“– sie selbst war ein Sinnbild für so viele in Spanien. Für Arme, Witwen, Leidende des Alltags mit Poesie in ihren Hoffnungen. Auch an ihnen ist am 21. März kein Vorbeikomm­en.

 ?? Foto: Stefan Wieczorek ?? Wandgemäld­e „Frauen von Miguel Hernández“in Orihuela: Josefina Manresa ganz rechts am Rand.
Foto: Stefan Wieczorek Wandgemäld­e „Frauen von Miguel Hernández“in Orihuela: Josefina Manresa ganz rechts am Rand.

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