Unguter Wettbewerb
Nach über einem Jahr Pandemie macht sich Corona-Müdigkeit breit. Und bringt eine Art unguten Wettbewerb mit sich nach dem Motto: Ich bin am ärmsten dran. Am Start dieses „Rennens“stehen als erste Teilnehmer: die Kinder. In den Sozialen Netzwerken läuft eine große Kampagne, die sie zu den Verlierern der Corona-Pandemie erklärt. Sie könnten sich nicht angemessen entwickeln, müssten lernen, ihre Bedürfnisse zugunsten von anderen zurückzustellen, sich alleine zu beschäftigen und so weiter. Das sei nicht zumutbar.
Die zweiten Teilnehmer des Wettbewerbs sind: die Mütter. Sie müssen jetzt Arbeit und Familie noch mehr unter einen Hut bringen und belasten sich damit bis zur Erschöpfung. Die nächste Gruppe steht ziemlich im Kreuzfeuer der Kritik, sieht sich aber selbst als Opfer: Es handelt sich um die Jugendlichen und jungen Erwachsenen. „Corona hat mir die Jugend gestohlen“, klagte kürzlich meine Tochter, die jetzt kaum und nur noch unter großen Sicherheitsvorkehrungen ausgeht. Dieses Statement ähnelt frappierend dem eines Senioren, der in Facebook klagte: „Ihr macht mir meine letzten Jahre kaputt.“Nicht zu vergessen die Menschen, die wegen Krankheiten zur Risikogruppe zählen, und natürlich die Ärzte und Pfleger. Wer gewinnt nun den Wettbewerb? Keiner. Alle haben Recht, Corona verlangt von allen zu viel. Aber bitte, seht über euren Tellerrand und lasst nicht zu, dass das Virus uns zu Gegnern macht. Wenn das gelingt, gewinnen wir alle.