Arbeitstier für Soziales: Ione Belarra ist Spaniens neue Sozialministerin
Podemos-Politikerin und Powerfrau Ione Belarra wird Spaniens neue Sozialministerin
Madrid – sk. Mit 33 Jahren tritt Ione Belarra in die Fußstapfen von Podemos-Chef Pablo Iglesias und wird Spaniens neue Sozialministerin. Die frühere Staatssekretärin für die Agenda 2030 übernimmt die Verantwortung für die Koordination der spanischen Sozialdienste, dazu gehören auch Pflegedienst und Betreuung von Senioren in Residenzen – in Zeiten der Coronavirus-Pandemie eine große Herausforderung.
Die junge Frau aus Pamplona gilt als energische Verhandlerin. Dass mit der Podemos-Politikerin mitunter nicht gut Kirschen essen ist, musste schon Verteidigungsministerin Margarita Robles erfahren. Ione Belarra stutzte sie zusammen wie ein Feldwebel einen Gefreiten, als Robles sich erdreistete, mehr Bescheidenheit von Pablo Iglesias zu fordern, weil die Linken darauf drängten, in der Vereinbarung über die Aussetzung von Zwangsräumungen auch das Verbot aufzunehmen, den Betroffenen Strom und Wasser abzudrehen.
Ione Belarra boxte das wie viele andere Vereinbarungen mit den Sozialisten unter Ministerpräsident Pedro Sánchez durch, die im Schatten von Iglesias getroffen wurden, aber eigentlich ihre Handschrift trugen. Die Psychologin rückte in die erste Linie von Podemos vor, als Parlamentssprecherin Irene Montero in den Mutterschutz ging. Das Paar Iglesias/Montero dürfte ihrer engen Vertrauten dankbar dafür sein, dass sie den Vaterschaftsurlaub auf 16 Wochen hochschraubte.
Mit einem Mal schmiedete Ione Belarra mit den Sozialisten die erste Einigung für den Staatshaushalt mit der Einführung des Mindestgehalts von 900 Euro. Der Haushalt kam nicht durch, nach den Neuwahlen machte sich Belarra an den Regierungspakt. Dort setzte sie einen Meilenstein in der Sozialpolitik der Linken – das Dekret gegen Zwangsräumungen in Zeiten der Pandemie. Da scheute Podemos sich nicht, mit der ERC und Bildu einen Antrag in den Haushalt einzureichen. Den Sozialisten verging Hören und Sehen.
Ione Belarra gilt als Sozialpolitikerin durch und durch, sie engagiert sich auch privat beim Roten Kreuz und in der Flüchtlingshilfe. Ihre Weggefährten schildern sie gegenüber der Zeitung „ El País“als Arbeitstier und fordernde Verhandlungsführerin, die weder leicht noch gerne klein beigibt. Unermüdlich hat sie das Sozialgeld – den Salario Mínimo Vital – vorangetrieben ebenso wie das Gesetz zum Schutz der Kinder vor Gewalt. Zuletzt las sie den Sozialisten die Leviten bezüglich des Wohnungsgesetzes. Energisch tritt die Politikerin für eine Begrenzung der Mieten in ihrer Höhe ein. Mit ihr und Arbeitsministerin Yolanda Díaz an der Spitze wird Unidas Podemos nicht nur ein weiblicheres, sondern auch ein sozialpolitischeres Profil annehmen als unter der Führung des egozentrischen Charismatikers Pablo Iglesias, der
Agenda ihres Ministeriums stehen ein neues Gesetz für die Sozialdienste und ein weiteres für die Diversität der Familien. Noch schwieriger dürften die Bereiche Pflege und Versorgung der Senioren derzeit sein. Da ist vieles im Argen. Das Coronavirus raffte 30.000 Bewohner von spanischen Seniorenresidenzen hin und machte jedem klar, dass die Altenversorgung am System krankt. Weitere 50.000 Personen starben während sie auf eine Behandlung oder Leistung warteten, die von der Pflegeversicherung übernommen werden sollte. Beide Bereiche leiden an den Folgen der massiven Kürzungen von Fördermittel oder einer sträflichen Vernachlässigung der Sozialpolitik. Dagegen soll Ione Belarra etwas unternehmen. Pablo Iglesias zeigte sich überzeugt, dass Belarra für diese Aufgabe besser geeignet sei als er selbst.