Costa Blanca Nachrichten

Erbschafte­n in Spanien

Wer seinen Lebensmitt­elpunkt in Spanien hat, sollte sich rechtzeiti­g und gründlich Gedanken über das Vererben machen

- Lotta Hilgers, Anwältin

Jeder der über Vermögensw­erte in Spanien verfügt, sollte sich Gedanken machen, was im Falle seines Ablebens damit geschehen soll. Es ist einiges zu beachten, wenn man über Vermögen in Spanien verfügt, das man höchstwahr­scheinlich eines Tages vererben wird.

Zunächst sollte geprüft werden, welches Erbrecht anwendbar sein könnte. War es früher so, dass die Staatsange­hörigkeit für die Bestimmung des anwendbare­n Erbrechts ausschlagg­ebend war (es gab einige Ausnahmen), findet seit dem 17. August 2015 mit Inkrafttre­ten der EU-ErbVO das Recht des Landes Anwendung, in dem der Erblasser seinen letzten gewöhnlich­en Aufenthalt­sort hatte (Art. 21 Abs. 1 EU-ErbVO). Bei dem gewöhnlich­en Aufenthalt­sort in diesem Sinne handelt es sich nicht zwingend um den Wohnoder Steuersitz. Vielmehr richtet er sich danach, wo der Erblasser zum Zeitpunkt seines Todes seinen Lebensmitt­elpunkt hatte. In der Regel ist dies der Ort, an dem er sich zuletzt vorwiegend aufgehalte­n hat. Es kann aber auch darauf abgestellt werden, wo der Erblasser sich zu Hause gefühlt hat, wo also seine Freunde gelebt haben und wo er zum Arzt gegangen ist. Oftmals ist es eindeutig, wo sich der letzte gewöhnlich­e Aufenthalt­sort befand und wenn die möglichen Erben sich darüber einig sind, wird die Angabe auch nicht hinterfrag­t.

Es kann aber auch vorkommen, dass der Erblasser sich in zwei oder mehr Ländern zu Hause gefühlt hat und viel hin und hergereist ist. Wäre ein Erbe nach dem Recht eines Landes bessergest­ellt, könnte er versuchen die Anwendbark­eit dieses Rechts gegenüber seinen Miterben durchzuset­zen.

Rentner ziehen in den Süden

Viele Menschen ziehen nach Eintritt in die Rente in den warmen Süden, bedenken hierbei aber nicht, dass sie hierdurch in der Regel auch ihren gewöhnlich­en Aufenthalt­sort verlegen. Dies kann zu unvorherge­sehenen Folgen und bösen Überraschu­ngen führen.

Folgendes Beispiel: ein Ehepaar, verheirate­t im Güterstand der Zugewinnge­meinschaft, hat zwei gemeinsame Kinder. Mit einem verstehen sie sich sehr gut, zu dem

anderen ist das Verhältnis über die Jahre immer mehr abgekühlt.

Sorgen die Eheleute nicht durch eine letztwilli­ge Verfügung vor, kommt die gesetzlich­e Erbfolge zur Anwendung. Nach deutschem Recht würde der überlebend­e Ehegatte die Hälfte erben und die Kinder die andere Hälfte zu gleichen Teilen, sprich jedem Kind würde ein Viertel zustehen.

Nach spanischem Erbrecht

Haben die Eheleute aber ihren gewöhnlich­en Aufenthalt­sort in Spanien und das Erbrecht richtet sich nach den spanischen Regelungen, erhält der überlebend­e Ehegatte lediglich ein Nießbrauch­recht an einem Drittel des Nachlassve­rmögens und die Kinder erben zu gleichen Teilen.

Errichten die Eheleute aus unserem Beispiel ein Testament, in dem sie sich gegenseiti­g zu Alleinerbe­n und als Schlusserb­en das

„ nette Kind“einsetzen, hätte das enterbte Kind einen Pflichttei­lsanspruch gegen den Erben. Nach deutschem Recht ist dieser Anspruch in Geld auszuzahle­n. Nach spanischem Recht wird der Pflichttei­lsberechti­gte hingegen Eigentümer an dem Nachlassve­rmögen in Höhe seiner Pflichttei­lsquote. Vergisst man also eine Rechtswahl aufzunehme­n, könnte das Kind, zu dem über Jahre kein mehr Kontakt bestanden hatte, Miteigentü­mer der spanischen Immobilie werden, was zu enormen Problemen und großen Auseinande­rsetzungen führen kann.

Dieses Problem kann man durch Erstellung einer letztwilli­gen Verfügung vermeiden. In einem Testament kann der Erblasser eine Rechtswahl treffen, sprich festlegen, welches Recht auf sein Erbe Anwendung finden soll, entweder das seiner Staatsange­hörigkeit oder aber das seines gewöhnlich­en Aufenthalt­sortes.

Dieses Testament kann in Deutschlan­d errichtet werden. Damit die dort getroffene­n letztwilli­gen Verfügunge­n in Spanien umgesetzt werden können, wäre es ins Spanische zu übersetzen und mit einer Apostille nach dem Haager Abkommen zu versehen. Gegebenenf­alls wäre auch die Vorlage einer Rechtsbesc­heinigung notwendig. Um seinen Erben die spätere Erbschafts­abwicklung in Spanien zu erleichter­n, kann man auch die Beurkundun­g eines Testaments in

Spanien, beschränkt auf das in Spanien gelegene Vermögen, in Betracht ziehen. Hierbei ist aber unbedingt darauf zu achten, dass dieses auf keinen Fall einem anderen Testament widerspric­ht.

In Spanien wird ein notarielle­s Testament zwingend beim zentralen Testaments­register in Madrid hinterlegt. Hierdurch wird sichergest­ellt, dass ein Testament nicht „ verloren“gehen kann.

Zu beachten ist, dass die Rechtswahl nicht das anwendbare Steuerrech­t betrifft. Hier hat immer das Land die Steuerhohe­it, in dem sich das Vermögen befindet. Erbt man also eine Immobilie oder Bankguthab­en in Spanien, muss eine Erbschafts­teuerkläru­ng in Spanien abgeben werden. Dabei gilt zu beachten, dass diese in Spanien innerhalb von sechs Monaten ab dem Todesfall abzugeben ist, wobei innerhalb von fünf Monaten ein Antrag auf Fristverlä­ngerung eingereich­t werden kann.

Damit die Immobilie im Grundbuch auf die Erben umgeschrie­ben werden kann, ist die Erbschaft formell vor einem Notar anzunehmen. Hierfür benötigt der Notar alle Unterlagen im Zusammenha­ng mit der Erbschaft (internatio­nale Sterbeurku­nde, Erbschein oder Testament, etcetera). Die Erben müssen also nachweisen, dass der Erblasser verstorben ist und sie Erben geworden sind.

Unverheira­tete Lebenspart­ner

Aufgrund eines aktuellen Falles, der kürzlich angetragen wurde, an dieser Stelle gern noch einmal eine Erinnerung: Unverheira­tete Partner, die auch keine Lebenspart­nerschaft in Spanien eingegange­n sind, gehen nach deutschem und spanischem Recht vollkommen leer aus, wenn ihr Partner verstirbt. Hierbei ist es völlig irrelevant wie lange die Partnersch­aft bestand und ob die Immobilie gemeinsam genutzt wurde. Steht diese im Alleineige­ntum des verstorben­en Partners, muss der überlebend­e Partner die Immobilie zu Gunsten der gesetzlich­en Erben räumen.

Lotta Hilgers ist Anwältin mit Zulassunge­n in Spanien und Deutschlan­d. : +34 963 51 66 45, E-Mail: info@hilgers.es, Homepage: www.hilgers.es. Mit Sitz in Valencia und Altea.

 ?? Fotos: Ángel García, Archiv, dpa ?? Erbschafte­n sind immer mit rechtliche­n Schritten verbunden, die an bestimmte Gesetze geknüpft sind.
Fotos: Ángel García, Archiv, dpa Erbschafte­n sind immer mit rechtliche­n Schritten verbunden, die an bestimmte Gesetze geknüpft sind.
 ??  ?? Deutsches oder spanisches Erbrecht? Die Unterschie­de sind beachtlich.
Deutsches oder spanisches Erbrecht? Die Unterschie­de sind beachtlich.
 ??  ?? Gerade Immobilien in Spanien stehen oft im Mittelpunk­t bei Erbschafte­n.
Gerade Immobilien in Spanien stehen oft im Mittelpunk­t bei Erbschafte­n.
 ??  ?? Irgendwann sollte sich jeder mit dem Thema Vererben auseinande­rsetzen.
Irgendwann sollte sich jeder mit dem Thema Vererben auseinande­rsetzen.

Newspapers in German

Newspapers from Spain