Antibiotika und Gülle
Neue Studie über multiresistente Keime nahe Betrieben zur Massentierhaltung in Spanien
Schon heute sterben weltweit jährlich rund 700.000 Menschen, weil Antibiotika ihre Wirkung gegen multiresistente Keime, auch Superbugs genannt, verloren haben. Eine Zahl, die nach wissenschaftlichen Schätzungen bis 2050 auf zehn Millionen Todesfälle pro Jahr steigen wird. Zum Vergleich: Die derzeitige Corona-Pandemie hat in gut einem Jahr knapp drei Millionen Todesfälle verursacht.
Jetzt hat ein Bericht der Tierschutzorganisation World Animal Protection einen Brennpunkt ausgemacht, der das Problem der Antibiotika-Resistenzen verschärft: industrielle Tierfarmen. Laut des Studie Silent superbug killers in a river near you“(Stille Superbakterien in einem Fluss in deiner Nähe) wurden bei Grundwasseranalysen in der Nähe von Schweinezuchtbetrieben in Spanien, Kanada, Thailand und den USA hohe Konzentrationen von Antimikrobiellen Resistenzgenen (ARG) gefunden.
Antibiotika zur Prävention
Laut der Tierschutzvereinigung Faada, die die Untersuchung in Spanien gemeinsam mit World Animal Protection durchgeführt hat, weisen die Daten darauf hin, dass Massentierhaltungsbetriebe resistente Gene und Superbakterien in die allgemeine Umwelt leiten. Antibiotika werden in der intensiven Tierhaltung routinemäßig eingesetzt, um das fehlende Wohlergehen der Tiere zu verschleiern und zu verhindern, dass sich die gestressten Tiere Infektionen einfangen“, heißt es in einem Kommuniqué von Faada. Denn die ARG gelangen mit der Gülle aus den Mastbetrieben auf die Felder und sickern in die Wassersysteme.
Die Industrie der Intensiven Tierhaltung spielt durch den gewohnheitsmäßigen und unachtsamen Einsatz von Antibiotika russisches Roulett mit Menschenleben, weil es die Zunahme gefährlicher Superbakterien verstärkt“, warnt Jacqueline Mills von World Animal Protection, die sich intensiv mit dem Thema der Massentierhaltung beschäftigt hat. Wir müssen das Leiden der Tiere in den industriellen Farmen und den Einsatz von Antibiotika zur Prävention von Krankheiten beenden.“
Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) empfehle zwar, Antibiotika nicht routinemäßig zur Infektionsvorbeugung bei Tiergruppen einzusetzen, nichtsdestotrotz sei dies in der Intensiven Tierhaltung die Regel. So würden 75 Prozent aller Antibiotika weltweit in Tierfarmen verwendet.
In Spanien sei besonders die Situation in Katalonien besorgniserregend. Die Region weist eine der höchsten Konzentrationen von Schweinemastfarmen in Europa auf. Im September 2020 seien in
Katalonien und Aragón insgesamt 38 Wasser- und Sedimentproben genommen worden, heißt es in dem Bericht von World Animal Protection. Dabei seien insgesamt acht Antimikrobielle Resistenzgene gefunden worden, an manchen Entnahmestellen in einer fünfmal höheren Konzentration über dem Grundwert, an anderen Stellen sogar 200 Mal darüber.
Das am weitesten verbreitete ARG seien tet-Gene, die gegen Tetracyclin resistent sind, ein Antibiotikum, das vor allem bei Atemwegs-, Harnwegs-, Vaginal- und Magen-Darm-Infektionen eingesetzt wird. Diese Gene stehen in Verbindung mit Schweinegülle oder damit angereichertem Dünger, der wie bestätigt in den untersuchten Regionen zum Einsatz kommt. Dies deutet auf eine starke Korrelation zwischen der Existenz von industriellen Schweinefarmen und der hohen Konzentration der ARGs hin, was auch spanische Studien bestätigen würden“, so das Resümee des Berichts.
Ab Januar 2022 ist der prophylaktische Einsatz von Antibiotika in der Tierhaltung in der Europäischen Union verboten. World Animal Protection und Faada weisen auf die Wichtigkeit der Einhaltung des Verbots hin. Die AntibiotikaResistenz ist eine schleichende Pandemie, die mit einer OneHealth-Perspektive angegangen werden muss“, erklärt Míriam Martínez von Faada. Einmal mehr muss das Wohlergehen der Tiere nicht nur aus ethischen Gründen berücksichtigt werden, sondern auch, um die menschliche Gesundheit zu erhalten und für eine soziale Gerechtigkeit.“
Industrie der Intensiven Tierhaltung spielt russisches Roulette mit menschlicher Gesundheit