Von der Palme zum Korb
Workshop zum traditionellen Korbflechten in Pedreguer lehrt ein altes Handwerk
Pedreguer – kp. „ Immer zwei Stränge nach hinten und zwei nach vorne“, erklärt mir Lluís Fornés in seinem Kurs in Pedreguer die Flechtkunst der Llata, „ Du musst darauf achten, dass du immer alles festziehst“. Die Teilnehmer des Workshops, der jeden Montag in der Casa de Cultura des Ortes stattfindet, freuen sich über neue Gesichter und helfen mir geduldig dabei, meinen ersten Zopf aus den getrockneten Palmenblättern zu flechten. Man brauche schon ein bisschen Übung, schmunzeln sie über meinen ersten Versuch.
„ Fer llata“, so nennt sich die Technik, die für das Flechten der Palmblätter angewendet wird. Laut Lluís Fornés kann man so ziemlich alles aus den Strängen der Grünen Zwergpalme herstellen, besonders traditionell sind aber die barxas, kleine Einkaufstaschen, und cabassos, größere Körbe zum transportieren von Obst und Gemüse. Heute stellen die Teilnehmer des Workshops aber auch Rosen, Blumentöpfe oder Rucksäcke her.
Der lange Weg bis zum Korb
Der Prozess von der Palme bis zu dem fertigen Korb ist aufwendig und nimmt oft mehrere Monate in Anspruch. „ Ernten kann man die Palmblätter nur in den Sommermonaten, dann müssen sie für mindestens 15 Tage im Schatten und ein bis zwei weitere Wochen in der Sonne getrocknet werden“, erklärt Lluís Fornés. Optional wird das Material vor der Verarbeitung mit Schwefel gebleicht. Anschließend muss man die Blätter voneinander trennen und zuschneiden, bis man sie zum Flechten verwenden kann.
Erfahrung mit dem Palmenflechten haben die meisten der Anwesenden bereits. Oft haben sie die Technik von Klein auf bei ihren Eltern und Großeltern beobachten und lernen können.
„ Die Llata hat im ganzen Mittelmeerraum eine lange Tradition“, erzählt Lluís Fornés, „ in unserer Region war sie aber besonders nach dem spanischen Bürgerkrieg
sehr wichtig“. Damals waren es nämlich die Frauen, sogenannte Barxeres, die durch die Herstellung von Körben aus den Palmenblättern das Essen auf den Tisch brachten. „ Es ist einer der ältesten Berufe“, fügt Rosa Costa hinzu, die seit vielen Jahren dabei ist.
Eine vergessene Tradition
In der Vergangenheit brachte das Flechten die Familienmitglieder zusammen, die abends gemeinsam an ihren Körben arbeiteten. Auch im Workshop kann man dieses Gemeinschaftsgefühl spüren: Hier erzählt man Neuigkeiten, tauscht Tipps über die beste Flechttechnik aus oder erinnert sich an alte Zeiten. Viele der Teilnehmer haben bereits Enkelkinder, die die Flechtkunst vermutlich nicht mehr lernen werden. „ Es lohnt sich wirtschaftlich gesehen nicht mehr, die Körbe herzustellen“, meint Lluís Fornés, „ deshalb geht das Palmenflechten langsam verloren“.
Er will die Traditionen seiner Heimat bewahren, singt unter dem Künstlernamen Lluis el Sifoner alte Lieder und setzt sich auch für
den Erhalt der Riurau-Bogengänge ein, die einst zur Rosinenherstellung dienten. Der Valencianer hat den Workshop vor fünf Jahren ins Leben gerufen, um die Kunst der Llata wieder aufleben zu lassen und sein Wissen weiterzugeben.
Dafür sind die Teilnehmer des Kurses ihm sehr dankbar. Sandra Soriano kommt seit Januar zu dem Workshop. „ Es ist auch wichtig dafür zu sensibilisieren, was es bedeutet die Sachen von Hand herzustellen“, findet sie. Joan Miquel, der an einer Schule im Nachbarort Geschichte unterrichtet, meint:
„ Ich finde es schade, dass die Kinder das Flechten nicht mehr lernen. Es wäre schön, wenn es Kurse an den Schulen geben würde.“
Um die Tradition an diese heranzutragen, wollen die Teilnehmer am Ende des Kurses Schulklassen einladen, um den Kindern die Grundlagen der Llata beizubringen. Auch Erwachsene können in Pedreguer – nach Anmeldung im Kulturhaus – und an anderen Orten der Costa Blanca die traditionelle Flechtkunst erlernen und ein bisschen von der Geschichte der Region erleben.