Wenn der Bauer nicht ins Viertel passt
Zu schick für Kopfsalat – Zoff um Straßenmarkt vor Valencias Markthalle Colón
Valencia – sk. Der Mercado Colón in Valencia ist wirklich schick, ein Juwel des valencianischen Jugendstils und eines der markantesten Gebäude der monumentalen Hauptstadt. Nur eine richtige Markthalle mit Obst- und Gemüseständen ist das nationale Denkmal schon seit seiner Restaurierung vor 20 Jahren nicht mehr, sondern eine Gastrohalle mit drei, vier Obst- und Gemüseläden, die wie Exoten in dieser geleckten Nobelmeile im Drei-Viertel-Eck Ruzafa, El Pla del Remei und Gran Vía wirken. Mit 40 Euro ist es ja auch nicht ganz billig, dort seinen Stand aufzuschlagen.
In den Straßen davor jedoch schon. Einmal in der Woche bauen in den Zufahrtsstraßen Landwirte aus der Huerta ihre Buden und Stände auf und verkaufen, was in der fruchtbaren valencianischen Erde wächst und gedeiht. Das ist allerhand. Dabei berufen sie sich auf Rechte und Privilegien, die auf die Zeit der Araber zurückgehen und Rey Jaime I neu regelte. La tireta nennt man dies. 1,82 Euro kostet die Standgebühr, bessere als diese mittelalterlichen Voraussetzungen für den vielleicht nicht ganz so schicken, aber en-vogue(n) Direktvertrieb kann sich der Bauer, ob öko, bio oder ohne Brandzeichen, gar nicht wünschen.
Nur im schnöden Mercado kostet der Stand halt um die 40 Euro und dort stehen sich drei, vier Marktbetreiber an diesem Tag die Füße platt. Nun haben sie aus Protest am Markttag ihre Buden geschlossen. Dabei hat die Stadtregierung ihnen sogar Posten draußen angeboten, wirbt eifrig für Synergien, während sie hinter der Hand die Suche nach alternativen Standorten nicht ausschließt.
Das könnte eine Anekdote mehr vom Bordsteinrand sein, wenn der Disput um unlauteren Wettbewerb auf der einen Seite, aber mehr noch um Ansehen und Status auf der anderen Seite sich nicht anderswo ganz ähnlich abspielen würde. Der Rastro in Dénia etwa freitags beim Gericht, der steht auch nach dem Ostersonntag nicht mehr auf. Passen alter Hausrat und Bratwurstbuden nicht mehr in die Gastro-Metropole der Unesco?
Was einfach, unkompliziert und unreguliert war, stört scheinbar immer häufiger das uniforme Stadtbild. Dafür gibt es jetzt Foodtrucks, Franchise-Gastro mit abgezählten Pommes – bei drei ist Schluss – und Wifi gratis – allesamt aber mit ordentlichem Aufschlag, das versteht sich von selbst.
Markt passt nicht ins Viertel
Zurück nach Ruzafa. Nicht nur die Colón-Händler machen Stimmung gegen wieder auferstandene Straßenmärkte, auch die Bürger. Der Tenor ist stets der gleiche. Der Verhau mit Obst und Gemüse passt nicht mehr ins mondäne Viertel. Man hat sich zum Besseren verändert, womit man nicht nur das Viertel meint.
Viele Senioren aber schwelgen in ihren nostalgischen Erinnerungen an eine Zeit, als der Mercado de Colón das war, wofür er 1916 einmal eröffnet wurde, und wollen zum nächsten Markttag wiederkommen. Es sei so viel einfacher dort einzukaufen. Manchmal tut es gut, sich daran zu erinnern, wo man herkommt.
Markt der Huerta-Bauern geht auf mittelalterliches Recht zurück