Mann der leisen Töne
Ximo Puig hat Valencia durch die Pandemie geführt – Jetzt strebt er die Energiewende und Modernisierung der Wasserversorgung an
Landesministerpräsident Ximo Puig regiert seit 2015 die Region Valencia mit einer Linkskoalition namens Botánic mit Compromís und der Unterstützung von Podemos. Zusammen mit seinem Amtskollegen Emiliano García-Page in Kastilien-La Mancha zählt der frühere Bürgermeister von Morella zu den einflussreichsten Landesbaronen der Sozialisten und scheut sich auch nicht, auf Konfrontationskurs zur PSOE in Madrid zu gehen, falls er die Interessen der Region gefährdet sieht, wie jüngst beim Tajo-Segura-Kanal.
CBN: Herr Puig, die Pandemie ist vorbei. Wann darf man auf den Terrassen der Bars wieder rauchen?
Ximo Puig: Moment, das ist eine Entscheidung, die man nicht überstürzen sollte. Das war seinerzeit ein vernünftiger Beschluss, um die Pandemie zu bekämpfen. Das darf nicht darüber hinwegtäuschen, welchen positiven Effekt das AntiTabak-Gesetz auch bei der Prävention von Krankheiten hat und man muss sich bewusst sein, dass Rauchen tödlich ist. Eine enge Beziehung zwischen Gesundheitsministerium und Gastgewerbe halte ich für wichtig.
Können Sie sich vorstellen, dass Sie junge Leute bewegen können, in ein abgelegenes Dorf zu ziehen, um sich dort eine Zukunft aufzubauen?
Wir sollten es auf jeden Fall versuchen, und wir machen das mit der Agentur Avant. Auf dem Land gibt es eine Zukunft, wenn man einen Plan dafür hat. Wir möchten diese Landflucht stoppen und bieten erstmals steuerliche Anreize, Zugänge zu mehreren Hilfsfonds und das Gesetz gegen Landflucht. Die rurale Welt hat für uns große Bedeutung und es gibt auch einige Anzeichen, die Anlass zu Hoffnung geben, etwa die steigende Zahl von Schulkindern in den betroffenen Dörfern.
Die PP braucht drei Stunden und eine Minute, um mit dem Zug der Linie 9 von Dénia nach Alicante zu fahren. Ist das Ihre Vorstellung von neuer Mobilität?
Die PP sollte mal anfangen, die Provinz Alicante ein bisschen besser kennenzulernen. Die Linie 9 verbindet nicht Dénia mit Alicante,
und hat das auch noch nie getan, sondern Dénia mit Benidorm. Von dort aus geht die Linie 1 nach Alicante. Die Landesregierung hat 2016 eine integrale Modernisierung dieser 100-jährigen Verbindung gestemmt und 150 Millionen Euro investiert, während die PP diesen Zug neun Jahre ohne die notwendigen Sicherheitssysteme zirkulieren ließ. Wir in der Landesregierung wollen Fortschritte machen bei der nachhaltigen Mobilität und einen öffentlichen Nahverkehr ermöglichen, der allen Bürgern zugänglich ist und das Territorium anbindet.
Die Landesregierung hat den Klimanotstand ausgerufen. Können Bürger noch Fördermittel für Solarpaneelen abgreifen?
Ja, wobei es zwei Subventionen gibt. Zum einen Nachlässe bei der Einkommenssteuer IRPF und zum anderen Direkthilfen für die Installation. Mit diesen Anlagen kann man bis zu 40 Prozent der Stromkosten einsparen und wir wollen die Bürger auf dem Weg in die Energieeffizienz unterstützen.
Gleichzeitig gibt es Lawinen von Projekten für Solarparks in Naturgebieten. Können Bürger mit der Installation von Paneelen auf Gebäuden gegensteuern?
Beide Initiativen schließen einander nicht aus, sie sind komplementär. Derzeit gibt es in der Region Valencia 52.000 Installationen zur Selbstversorgung, die Hälfte davon für industrielle Zwecke. Wir sind führend, aber es wird nicht genug sein, um die Klimaziele zu erreichen. Wir brauchen diese Anlagen auf dem Boden, die zu einer nachhaltigen wirtschaftlichen Entwicklung beitragen und garantieren, dass fossile Energieträger nicht mehr in der Industrie genutzt werden müssen. Hinzu kommt, dass alle Projekte für Erneuerbare Energien von der Landesregierung einer sehr strengen Kontrolle unterliegen, was den Schutz von Natur, Kultur und Landschaft betrifft.
Einige Gebiete der Küste sind zugebaut. Sie wollen die unberührten Küstengebiete schützen. Gilt das auch für die Cala Mosca in Orihuela Costa?
Vorneweg, generell kann man nicht sagen, dass die Küste in der Region Valencia zugebaut ist. Um das zu verhindern, gibt es ja die valencianische Agentur zum Landschaftsschutz und eine rigorose Kontrolle nichtbebaubarer Gebiete. Wir wachen aber auch darüber, dass innerhalb der Rechtsordnung gebaut werden kann. Das Rathaus Orihuela prüft, ob den Eigentümern Ausgleichsflächen angeboten werden können. Als Landesregierung können wir als Vermittler zwischen Rathaus und Eigentümern auftreten und urbanistische Lösungen vorschlagen.
Mit dem MIT-Prozess will die Landesregierung die Legalisierung von Häusern ermöglichen, die auf nicht bebaubarem Land errichtet wurden. Die Rede ist von 194.000. Läuft in der Baupolitik wirklich alles in geordneten Bahnen?
Die erwähnte valencianische Agentur zum Landschaftsschutz soll auch die Gebäude ausfindig machen, die etwa in den 1960er und 70er Jahren oftmals ohne Rücksicht auf die Bauvorschriften hochgezogen wurden. Wir haben ein Inventar erstellt, allein in Alicante stehen rund 50.000 Gebäude auf nicht bebaubarem Grund. Bedauerlicherweise ist es so, dass die Baupolitik viele Jahre nicht sehr rigoros kontrolliert wurde. Wir hoffen, dass möglichst viele legalisiert werden können, sei es über den
MIT-Prozess oder das Erschließungsgesetz Lotup. Unser Ziel ist, einen Abriss zu vermeiden und zu verhindern, dass solche Unregelmäßigkeiten weiterhin begangen werden. Land muss vernünftig und legal genutzt werden, vor allem jetzt vor dem Hintergrund des Klimanotstands.
Stichwort Überlandkanal TajoSegura. Wird Sie der Nationale Wasserplan jede Menge Stimmen bei den Kommunal- und Landtagswahlen kosten?
Also, die Landesregierung wird immer an der Seite der Landwirte im Süden sein, das steht außer Zweifel. Nicht nur wegen des Einspruchs vor dem Obersten Gericht gegen die Verordnung der spanischen Regierung. Wir sind schon über 40-mal in dieser Angelegenheit vor Gericht gezogen. An dem Überlandkanal gibt es nichts zu rütteln, wir werden ihn immer verteidigen. Was wir nicht machen, ist, Wasserkriege vom Zaun zu brechen, die so viel Schaden angerichtet haben. Wir wollen die Wasserversorgung garantieren, und das mit dem Überlandkanal und komplementären Lösungen wie etwa der Subventionierung von entsalztem Wasser. Wir müssen die Wasserversorgung garantieren können, um den Obstgarten Europas betreiben zu können. In Alicante sind Investitionen von 61 Millionen Euro in Entsalzungsanlagen, 111 Millionen für die Wasseraufbereitung und 166 Millionen Euro für Fotovoltaikanlagen für die Wasserversorgung vorgesehen.
Wenn Sie so viel Wert auf die Wasseraufbereitung legen, warum landet nach jedem Unwetter soviel Wasser im Meer?
Nun gut, auch wenn Sie es nicht glauben, keine andere Region in Europa nutzt mehr aufbereitetes Wasser als Valencia, nämlich 60 Prozent, 72 Prozent in der Provinz Alicante und 100 Prozent in der Vega Baja. Die Behörde für Wasseraufbereitung hat einen Maßnahmenplan für die Provinz Alicante vorliegen, der Investitionen von 170 Millionen Euro vorsieht. Es gibt noch eine weitere Stufe, die wir nehmen möchten mit dem Programm „ Null Abwasser, 1.000 Prozent Aufbereitung“. Damit sollen 200 Hektokubikmeter gewonnen werden, und zwar durch das Auffangen von Regenwasser in Alicante, Torrevieja und Orihuela.