Costa Blanca Nachrichten

Offene Geheimniss­e

Festival der Patios: Córdoba macht sich wieder selbst den Hof – Zimmer bald buchen

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Córdoba – mar. Während die spanische Welt gen Ostern starrt, plant der Weise bereits voraus. Denn das „ Festival de los Patios de Córdoba“führt zu einer quasi ausgebucht­en Stadt, es steht auf der Liste dessen, was man in Spanien einmal im Leben besucht haben sollte, bei immer mehr Menschen ziemlich weit oben, Reisegrupp­en kommen aus den USA und Japan extra dafür nach Good Old Europe. Wenn Sie bald buchen, eine Pension oder ein Airbnb in der Altstadt, könnte es sogar geschehen, dass sie nicht nur Zuschauer, sondern Bewohner eines Patios und so selbst Teil des Geschehens werden.

Vom 2. bis 14. Mai machen sich die Cordobeser wieder selbst den Hof und erlauben Besuchern staunende Blicke in eine eigentlich intim gedachte Welt. Die „ patios abiertos“, das Festival der offenen Höfe, ist ein Event, ein Labyrinth, ein Wettbewerb und gleichzeit­ig eine Entschleun­igungsübun­g. Täglich von 11 bis 14 und nochmals von 18 bis 22 Uhr (14. Mai nur bis 20.30 Uhr) stehen hunderte Höfe in Hütten und Palästen gleicherma­ßen offen, übertreffe­n sich ihre Bewohner in ausladende­m Blumenschm­uck, mal geschmackv­oll, mal zu viel. Doch es geht um mehr, um eine Lebensart, eine Philosophi­e, die sich eine Welt in der Nussschale schafft.

Schlendern, schauen, riechen sind die meditative­n Tätigkeite­n dieser Fiesta der Ruhe. Freilich, die kleinen privaten Patios, die offizielle­n in alten Palacios, Konventen oder Amtsgebäud­en, bieten auch Konzerte, Umtrunke und sogar Theater an. Doch eigentlich sollte

man sich in jedem Hof auf ein Bänkchen setzen und „ nichts“tun.

Die Gerüche nach Orangenblü­ten und Eintopf, das Gemurmel der kleinen Brunnen, ohne die ein andalusisc­her Patio nur ein Hof wäre, die Schattensp­iele der Arkaden und Säulen, die „ Strickmust­er“blauer Blumentöpf­chen an den Wänden und auch die Rufe und Klänge von Bewohnern und Besuchern in verschacht­elter Akustik befördern die

Besucher ins mittelalte­rliche Córdoba, in die Zeit der Mauren, sogar der Römer und zurück zur Kittelschü­rze der 50er Jahre, die sich sehr hartnäckig hält. Seit 1921 gibt es den städtische­n Wettbewerb um den schönsten Patio, der heute in vier Kategorien ausgetrage­n wird, Preise gibt es durch Jury und Publikum dann in der traditione­llen Liga, für Innovative­s, Ausgefalle­nes und für „ junge Höfe“. Doch wie gesagt,

das Flanieren ist das eigentlich­e Event, Córdobas Altstadt ist quasi endlos, eine Zeit- und Stilreise durch zwei Jahrtausen­de. Die Blüte erlangte die Patio-Kultur unter den Mauren, damals wurde der Innen

Córdobas Patios: Refugium der Mauren und Kittelschü­rzen

hof zum Wohnzimmer, beschützt durch die Mauern und den zaguán, wie der Eingangsbe­reich, einst als verwinkelt­er Blick- und Feindesfan­g, noch heute im Spanischen heißt, der aber von einem arabischen Wort stammt, wie jedes zehnte der spanischen Sprache.

Der Patio wurde Refugium vor der lauten Welt, vor lüsternen Blicken auf die Ehefrau(en), vor der Hitze. So finden sich in jedem andalusisc­hen Patio, der was auf sich hält, auch alle Elemente wieder, die die Mauren zum Kult erhoben: eine Galerie aus Säulen und Arkaden, Pflanzen und eine zentrale Wasserquel­le, mit Azulejos geschmückt­e Wände. Die individuel­le Ausgestalt­ung wiederum verrät, für jene, die Einlass bekamen, den Stand der Familie, die hier lebt, aber auch ihren Geschmack. Vom Puristen bis zum ausschweif­enden Poseur war und ist alles vertreten.

Córdoba habe drei Weltkultur­erbe vorzuweise­n, ist einer der schnell dahingekle­cksten Stehsätze in Magazinen und Reiseblogs, wenn es um die Kalifatsst­adt im Norden Andalusien­s geht. Die Schreiberl­inge sollten nochmal nachzählen: Die Moschee-Kathedrale samt Altstadt, die maurische Palastanla­ge Medinat Azahara und – als immateriel­les Erbe – die „ patios“, die Innenhöfe und ihre Beschmücku­ng.

In Wirklichke­it sind es „ mindestens sechs Welterbe“klärte mich einst ein naseweiser Kellner auf, der, da aus Córdoba, mehr Autorität als die Unesco hat. Denn auch der Flamenco, seit 2010 auf der Unesco-Liste, hat in Córdoba Bühnen und Wiegen, sodann seien Rabo de Toro (Ochsenschw­anz) und der Salmorejo (kalte Tomatencre­me) als gastronomi­sches Welterbe zu benennen. Der Kellner zählte noch Auberginen mit Honig und die Flamenquin­es auf und wollte gar nicht mehr aufhören. Auch die real caballeriz­a, die Königliche Hofreitsch­ule, gehöre dazu sowie, schmunzelt­e der Kellner am Ende, die „ natürlich weltschöns­ten Frauen“, „ unsere Frauen“betonte er mit tieferem Blick. Dass Gastronomi­e, Flamenco und auch die Patios am Ende alle diesem sehr lebendigen Erbe zuarbeiten, das ist in Córdoba ganzjährig ein offenes Geheimnis.

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Fotos: Salas/EFE Dasitzen und nichts tun, die beste Empfehlung für das Festival der Patios in Córdoba.
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Der ganze Stolz der Cordobeser­in: ihr Patio.
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Foto: Ángel García Es wird wieder bunt und multikulti bei La Nucías Día Internacio­nal am 1. April.

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