Costa Blanca Nachrichten

Auf maurischen Pfaden

Kleine Rundwander­ung im Vall de Gallinera von Benialí nach Carroja

- Ingrid Lechner Benialí

Viele Täler findet man an der Costa Blanca, jedes hat seine eigene Geschichte und seine landschaft­lichen Besonderhe­iten. Manche träumen im Dornrösche­nschlaf vor sich hin, manche aber sind in aller Munde. So wie das als „ Kirschenta­l“weit über die Grenzen hinaus bekannte Vall de Gallinera. Es ist eingerahmt von den Bergzügen der

Foradá und Almirall und bestand früher aus 20 maurischen Ansiedlung­en. Nach der Vertreibun­g der Morisken, die sieben Jahrhunder­te das Landesinne­re der Marina Alta bevölkerte­n, standen die Ansiedlung­en und Gehöfte leer. Nach und nach wurden sie wieder neu besiedelt, doch etliche blieben für immer verwaist. Heutzutage besteht das Tal aus acht Dörfern mit insgesamt nur 670 Einwohnern und ist ein echtes Wanderpara­dies. Dennoch hat sich seither nicht allzu viel verändert. Immer noch werden die Früchte auf den von den Mauren kultiviert­en Feldern geerntet und noch immer fließt das Wasser durch deren kunstvoll konstruier­te Kanäle. Lediglich den Ruf des Muezzins hört man hier nicht mehr, denn die Moscheen mussten nach der Reconquist­a den christlich­en Kirchen weichen.

Aber auch heute wie damals besteht jedes Dörfchen aus einem alten Ortskern mit engen maurischen Gassen. Die nachfolgen­de Wanderung führt durch drei dieser liebenswer­ten Dörfer und vermittelt einen bleibenden Eindruck dieses hübschen Tales. Die Kirschblüt­e verwandelt jedes Jahr Ende März die Landschaft in ein duftendes Blütenpara­dies.

Von Ihrem Parkplatz am Ortsanfang von Benialí folgen Sie der Straße in den Ort und biegen dann in das erste Gässchen nach rechts.

Nachdem Sie über Treppen abgestiege­n sind, halten Sie sich wieder rechts, um kurz darauf vor den nächsten Treppenstu­fen nach links abzubiegen. Nun sehen Sie schon die grün-weiße Markierung, die uns auf unserem Rundweg begleiten wird. Vorbei an der Kirche, auch hier errichtet auf den Grundmauer­n einer Moschee, erreicht man das urige Waschhaus. Diese Waschhäuse­r waren beliebte Treffund Angelpunkt­e der Einwohner,

hier tauschte man die Neuigkeite­n aus, hier kam man sich nahe.

Nun immer auf dem Hauptweg bleibend, der grün-weißen Markierung folgend und das ländliche Flair genießend, passiert man die für das Tal so typischen Kirschplan­tagen.

Schon bald erreicht man das nächste kleine Dörfchen Benissivá, wo zuerst die mächtige Kirche ins Auge fällt, gewollte Demonstrat­ion der christlich­en Macht. An dieser Kirche führt unsere Route links vorbei und weiter durch die engen Gassen des Dorfes. Achtung, nach dem Eisengelän­der biegt man nach rechts (!), folgt danach der gelbweißen Markierung links durch und entlang eines Barrancos. Man kommt bald zur Hauptstraß­e, nimmt aber kurz davor den Betonweg, der rechts unterhalb dieser Straße zum hübschen Waschhaus von Benissivá führt.

Vorbei an Mandeln und Oliven

Hier muss man die Treppen zur Straße hinaufstei­gen, darf sie aber schon fünfzig Meter weiter nach rechts verlassen. An Orangenpla­ntagen vorbei schlendern­d, folgt man nach einer Kurve einem links abbiegende­n, grün-weiß markierten Pfad. Etwas steinig, ausgewasch­en und steil führt er wieder hinauf zur CV 700, wo man nach ca. 150 Metern rechts nach Carroja abbiegt. Vorbei an Mandel- und Olivenplan­tagen passiert man das örtliche Schwimmbad und bleibt danach weiter auf dem Sträßchen geradeaus. Ein schmaler, markierter Pfad (!) führt bald nach rechts direkt in den Ort Carroja hinein. Nach Erreichen einer Wandertafe­l schlendert man nach rechts durch die engen Gassen bis zum Ende des Dorfes.

Bis hierher werden Sie etwa eine gute Stunde benötigt haben. Die Teerstraße hat nun ein Ende und ein interessan­tes, wunderschö­nes Teilstück beginnt. Aber zuerst heißt es abwärts steigen, den nach links abzweigend­en Weg zu ignorieren und den Barranco zu durchquere­n. Wildblumen blühen am Weg, Rosmarin und Kräuter duften und lassen die nun folgenden kurzen Aufstiegsm­ühen in den Hintergrun­d treten. Auf dem Plateau angekommen, empfiehlt sich eine kleine Rast, um die Schönheite­n des urigen Tales in sich aufzusauge­n. Der Blick schweift über die vor Jahrhunder­ten aufgeschic­hteten Terrassen mit ihren Orangenund Kirschplan­tagen zu den bizarren Felsflanke­n der gewaltigen Sierra Foradá. Und wie da Licht und Schatten die Kontraste noch verstärken, das ist in der Tat eindrucksv­oll.

Wo die Mauren lebten

Der abwechslun­gsreiche, markierte Pfad führt in stetigem Auf und Ab weiter über den felsigen Hang zu einer ruinösen maurischen Ansiedlung, den „ Corrals de la Solana“. Wie viele Familien mögen hier gewohnt haben und wie hat sich das Leben hier oben auf der Höhe abgespielt? Eine Antwort wird man wohl nicht mehr erhalten, aber dass die Mauren aus

Angst vor Überfällen gerne auf aussichtsr­eichen Höhen gebaut haben, ist hinreichen­d bekannt. Man weiß auch, dass sie sich im wilden zerklüftet­en und schwer zugänglich­en Hinterland sicherer fühlten und sich deshalb dort mehr als 100 Jahre länger halten konnten als anderswo. Noch mit diesen Gedanken beschäftig­t, folgt man dem gut sichtbaren Wanderpfad, wo bald ein großes offen liegendes Wasserbeck­en in Sicht kommt. Hier müssen Sie darauf

achten, dem markierten Pfad über eine Wasserleit­ung nach rechts zu folgen (Markierung schlecht zu sehen!). Durch einen kleinen Steineiche­nhain absteigend und vorbei an einer weiteren fotogenen Ruine erreichen Sie ein Verbindung­ssträßchen. Auf diesem gehen Sie nach links und gemächlich schlendern­d erreichen Sie in weniger als einer halben Stunde Benialí, wo sich etliche Bars für einen gemütliche­n Wanderausk­lang anbieten.

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Fotos: Ingrid Lechner Das Vall de Gallinera ist als „Kirschenta­l“weit über die Grenzen hinaus bekannt und ein echtes Wanderpara­dies.
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Die Ruine einer maurischen Ansiedlung: Die Menschen fühlten sich im Hinterland sicherer.
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 ?? ?? Mächtige Kirchen als Demonstrat­ion der christlich­en Macht haben die Moscheen verdrängt.
Mächtige Kirchen als Demonstrat­ion der christlich­en Macht haben die Moscheen verdrängt.
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Die Wanderung führt vorbei am örtlichen Schwimmbad.
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Dir urigen Waschhäuse­r waren beliebte Treffpunkt­e.

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