Eine Kletterrose an jedem Haus
La Xara lässt einen alten, lang vergessenen Brauch wieder aufleben
La Xara – se. „ Unser Dorf soll schöner werden. Wir wollen die Straßen mit Farben und Duft erfüllen“, sagt Bürgermeisterin Maite Pérez Conejero. Sie belebt zurzeit einen alten Brauch wieder, der seit Jahren in Vergessenheit geraten war: In La Xara stand früher an jedem Hauseingang eine Kletterrose. Unter dem Motto „ La Xara, de flor en flor“(La Xara, von Blume zu Blume“) schenkt das Rathaus allen Anwohnern des Ortskerns nun einen Rosenstock, Blumenerde und einen Blumenkasten aus Metall. „ Früher wurden die Rosen direkt in die Erde gepflanzt, aber das gab Probleme wegen Feuchtigkeit, die in die Hauswände stieg“, berichtet die Bürgermeisterin.
Der Brauch, eine Rose zu pflanzen, kam nicht von ungefähr. In den 70er Jahren eröffnete Antonio Armell Lon in La Xara den Freizeitpark „ La Muntanyeta“. Heute ist von diesem Lebenstraum nur noch ein verwunschener Garten übriggeblieben, in dem ein Minarett steht. Doch damals kamen hunderte Touristen mit dem Zug – zum Beispiel aus Benidorm –, um den Tag in dem Freizeitpark zu verbringen, der die spanische Kultur vorstellen wollte. Er bot einen Badesee und ein Schwimmbecken, verschiedene Lustgärten, eine Höhle, Museen, eine Bibliothek und alle Arten von Restaurants. Das Minarett gehörte zu einem Lokal, das an die maurische Vergangenheit Spaniens erinnern sollte. Jedes Bauwerk im Park hatte einen anderen spanischen Baustil und die Museen zeigten spanisches Kunsthandwerk aus Keramik und Naturschätze wie Schneckenhäuser.
Antonio Armell Lon wollte das romantische, dörfliche Ambiente des Freizeitparks auch nach La Xara
bringen. Deshalb schrieb er einen Wettbewerb aus: Die Anwohner sollten Kletterrosen an ihre Häuser pflanzen und er würde alljährlich einen Preis für die sieben schönsten vergeben. Die Aktion war ein Erfolg. Viele Anwohner beteiligten sich und heute noch erinnern bemalte Fliesen an ihren Häusern an die Preise, die sie einheimsten.
La Muntanyeta lief einige Jahre sehr gut und sogar König Juan Carlos lobte das Konzept als Zukunft des spanischen Tourismus. Doch das kam nicht bei allen gut an. Andere Unternehmer wollten lieber durch den Bau von Ferienwohnungen schnelles Geld ma
chen. Denkmal- und Naturschutz standen ihnen da im Weg. Und außerdem hatte Antonio Armell Lon in der Franco-Zeit auch politische Feinde. Denn er hatte auf Seiten der Republik gekämpft und war deshalb sogar im Gefängnis gewesen. Vielleicht liegt es auch daran,
Heute noch erinnern bemalte Fliesen an den Häusern an die Rosen
dass solche Visionäre oft nicht sehr wirtschaftlich begabt sind. Fakt ist jedenfalls, dass er keine Unterstützung bekam und sich ruinierte. Der Freizeitpark wurde geschlossen, alles Wertvolle wurde gepfändet.
Doch die Rosen in La Xara blühten weiter. Sie verschwanden erst nach und nach. Und jetzt soll die alte Pracht wieder in die Dorfstraßen kommen. Bürgermeisterin Maite Peréz ist sehr glücklich über das große Interesse an ihrer Aktion. „ Ich wollte diesen alten Brauch wiederbeleben“, sagt sie. „ Und ich hoffe, dass die Anwohner wieder in einen Wettbewerb treten, wer die schönsten Rosen im Ort hat.“Die Aktion wird mit einem Zuschuss der Provinzverwaltung in Alicante durchgeführt. Dutzende Anwohner haben bereits ihre Rosen im Rathaus bestellt.