Kein Wasser für Touris und Erdbeeren
Pegel vieler Stauseen Spaniens auf Minimum – Umstrittene Initiative am Nationalpark Doñana
Madrid – ann. Das ungute Gefühl, dass es dringend einmal wieder ausgiebig regnen müsste in Spanien, wurde am Dienstag von einem Bericht des Umweltministeriums schwarz auf weiß bestätigt. Demnach liegen die Wasserreserven für den menschlichen Gebrauch und die Landwirtschaft derzeit bei 43,1 Prozent, und damit 20 Punkte unter dem April-Mittelwert von 63 Prozent.
Während einige Stauseen – vor allem im Nordwesten Spaniens – besser dastehen, ist die Situation in anderen Regionen bereits kritisch. Besonders besorgniserregend ist die Lage im Inland von Katalonien. In den sogenannten Cuencas Internas de Cataluña liegen die Wasserreserven bei nur noch 26 Prozent, normal wären zu dieser Jahreszeit eigentlich 76 Prozent. Auch im Einzugsgebiet des Flusses Guadiana in Extremadura und
Andalusien ist die Situation kritisch. Dort sind die Stauseen noch zu 34 Prozent gefüllt, knapp 30 Punkte unter dem Mittelwert von 63 Prozent. Sorgen bereitet außerdem das Gebiet des Guadalquivir in Andalusien, wo die Reserven bei 25 Prozent liegen, ebenfalls 30 Prozent unter dem Normalwert.
Der Verbrauch in Kommunen, Haushalten und im Handel macht 15,5 Prozent des Wasserkonsums in Spanien aus, über 80 Prozent aller Ressourcen schluckt die Landwirschaft für die Bewässerung der Anbauflächen, da fallen die vier Prozent für die Industrie kaum ins Gewicht. Und auch wenn der Verbrauch pro Person und Tag in Spanien in den vergangenen 20 Jahren leicht gesunken ist (von 165 Liter im Jahr 2001 auf 133 Liter) – was das Wasser angeht, lebt vor allem der Süden des Landes über seinen Verhältnissen.
Und das in zweierlei Hinsicht: Zum einen durch den Tourismus. Erhebungen haben gezeigt, dass ein Tourist mit 300 Litern pro Tag im Schnitt doppelt so viel Wasser verbraucht wie ein Einwohner Spaniens. Angesichts der Urlaubermassen, die während der Semana Santa über die spanische Mittelmeerküste herfielen und die im Sommer zu erwarten sind, muss sich Spanien dringend Gedanken um die Nachhaltigkeit seines Tourismusmodells machen.
Vor dem Panorama des Wassermangels rückt aber auch die Landwirtschaft ins Visier, und in dieser Woche konkret eine Initiative der Landesregierung in Andalusien, die der Landtag am Mittwoch debattierte. So haben Volkspartei und Vox einen Gesetzesvorschlag verabschiedet, der den Weg für eine Legalisierung der illegalen Anbauflächen rund um den Nationalpark Doñana freimachen könnte. Und das, obwohl der Tourismus und die illegale Entnahme von Grundwasser zur Bewässerung der Erdbeerplantagen das geschützte Feuchtgebiet fast haben austrocknen lassen.
Nicht nur die Opposition, Wissenschaftler und Umweltschützer schlagen angesichts der von der Landesregierung initiierten Amnestie für die Landwirte, die über Jahrzehnte Raubbau mit den Wasserresourcen betrieben, Alarm. Auch die EU-Kommission droht mit Sanktionen, falls die illegale Bewässerung in Europas größtem Feuchtgebiet nicht gestoppt wird.
Ein Tourist verbraucht im Schnitt doppelt so viel Wasser am Tag wie ein Spanier