Neuer Stromtarif für Kleinverbraucher
Reform des bestehenden PVPC-Modells setzt auf den Terminmarkt
Madrid – tl. Die von der Regierung angestrebte Reform des staatlich regulierten Stromtarifs für Kleinverbraucher – des sogenannten PVPC-Tarifs – befindet sich offenbar auf der Zielgerade. Wie die Wirtschaftszeitung „ CincoDías“berichtet, hat Energieministerin Teresa Ribera den Entwurf des Dekrets im Eilverfahren an den Staatsrat zur Beurteilung geschickt. Hauptanliegen der Reform ist es, den Kleinverbrauchertarif aus der vollständigen Abhängigkeit von den kurzfristigen Großmarktpreisen auf dem iberischen Strommarkt zu lösen. In Kraft treten könnte der neue Tarif allerdings erst zu Beginn des kommenden Jahres. Auch das hat einen Grund.
Der jetzige PVPC-Tarif für Stromkunden mit einer Anschlussleistung von weniger als zehn Kilowatt war 2014 unter der konservativen Volkspartei-Regierung eingeführt worden als Nachfolgeregelung für den alten TUR-Tarif. Die wichtigste Neuerung damals bestand in einer „ dynamischen und tageszeitlich variablen“Strompreis-Gestaltung. Über Jahre war dieser Tarif der günstigste auf dem Markt. Bis zur Energiekrise.
Mix aus Spot- und Terminmarkt
Als der Gaspreis 2022 infolge des Kriegs in der Ukraine explodierte, erwies sich die direkte Abhängigkeit vom Großmarkt- beziehungsweise Spot-Markt als Nachteil. So stieg der Strompreis für Kleinverbraucher von Juni 2021 bis Mai 2022 um 125 Prozent. PVPC-Kunden waren plötzlich von der Gaskrise am stärksten betroffen.
Die Reform sieht nun vor, dass der neue Tarifpreis aus einem Mix zwischen Spot-Markt und Termin
markt besteht. In einem ersten Vorschlag sollten zum Start noch 75 Prozent der Preisgestaltung aus dem Spot-Markt resultieren, 25 Prozent aus dem Terminmarkt.
Das wiederum sollte aufgeteilt werden in monatliche, vierteljährlich und jährliche Lieferverträge. Wobei für die monatlichen Verträge ein Anteil von zehn Prozent gedacht war, für die vierteljährlichen 36 Prozent und für die jährlichen Kontrakte 54 Prozent. Für den Anteil aus dem Terminmarkt waren zudem jährliche Steigerungen von 15 Prozentpunkten vorgesehen, bis schließlich 55 Prozent. Dann hätte der Anteil aus dem tagesaktuellen Spot-Markt nur noch einen Anteil von 45 Prozent gehabt. Die soge
nannten bevorzugten Stromlieferanten COR, allesamt Tochtergesellschaften der großen Konzerne Endesa, Iberdrola, Naturgy, TotalEnergies und Repsol, wären verpflichtet gewesen, für den neuen PVPC-Tarif entsprechend auf dem Strommarkt zu agieren.
Einwänden zugestimmt
Nach Einwänden der Konzerne bleibt es für die Reform zwar bei dem Mix aus Spot- und Terminmarkt. Beim Terminmarkt allerdings wird wohl die prozentuale Regelung bei der Aufteilung der Lieferverträge zugunsten einer mengenmäßigen Lösung ersetzt. Das heißt: Die COR-Lieferanten ordern zu einem festgelegten Termin eine bestimmte Strommenge, die sich aus den Verbrauchsdaten des Vorjahres ergibt. Die Differenz zwischen Order und dem tatsächlichen Strombedarf muss dann aus dem Spot-Markt bezogen werden.
Wie es bei „ CincoDías“heißt, sei das Energieministerium mit dieser Lösung einverstanden. Dass mit dem Inkrafttreten bis 2024 gewartet wird, hängt wohl damit zusammen, dass derzeit auf dem iberischen Strommarkt die Preise im Terminhandel über den Preisen am Spot-Markt liegen. Bei einer schnellen Einführung hätte dies zur Folge, dass der neue PVPC-Tarif wohl zunächst teurer wäre als das aktuelle Modell. Das will das Energieministerium wohl vermeiden.