Rap, Pop & Bacalao
Eine gastromusikalische Betrachtung des Fisch-Trios
red. Mythische Seefahrer wie Homers Odysseus wurden vom Gesang der Sirenen verzaubert –
Fischer kehren in den Hafen zurück, egal ob das Meer ruhig ist wie ein Wiegenlied oder unbändig wie Rock ’ n’ Roll.
Auch Rap, Pop und Bacallà –
in valencianischer Sprache drei Fische und drei Musikrichtungen –
spielen im gastromusikalischen Zusammenhang eine Rolle. Ebenso wie die Namen, die sich Musikgruppen gaben: Country Joe & The Fish, Pescaílla, The Barracudas, Camarón oder etwa die Oyster Band sind nur einige Beispiele. Mal ganz davon abgesehen, was sich sonst noch außerhalb des Meeres findet – Salsa und Merengue, Trompetenpilze, ein Likör namens Melody oder etwa die altbekannte Zarzuela.
Rap – rape
Was andernorts abschreckt, wird an der hiesigen Küste stolz in den Auslagen präsentiert: der Seeteufel mit einem Kopf, der gut die Hälfte des Körpers ausmacht, mit kleinen, auf der Oberseite liegenden Augen und furchterregend aufgerissenem Maul. Doch der erste Eindruck täuscht. Dieser einem Wels nicht unähnliche Kerl ist mit seinem praktisch grätenfreien, schneeweißen Fleisch etwas ganz Besonderes. Wegen seiner festen Konsistenz ist es für alle Zubereitungsarten geeignet, denn es wird nicht so leicht trocken und fällt nicht gleich auseinander – ein Fall auch für angehende Fischköche.
Am besten lässt man sich vom Fischhändler die schwarze Haut und die Mittelgräte entfernen, sodass nur die Filets übrig bleiben. Dicke Scheiben eignen sich beispielsweise für Spießchen oder die berühmte Bouillabaisse; je nach Bedarf kann man sie aber auch so weit einschneiden, dass sie sich auf die doppelte Größe auseinanderklappen lassen. Mit dem flachen Messer glattgestrichen, erhält man nun ein ziemlich großes Stück Fisch.
Der Seeteufel steht von jeher auf dem Speiseplan der Haushalte an der Mittelmeerküste. Es existieren zwei Arten des begehrten Fischs: der weiße und der schwarze rape, wobei Letzterer der weitaus bessere ist. Kurios, dass in der Musik dasselbe passiert. Dieser Sprechgesang – Rap kommt aus dem Englischen und bezeichnet eine Art Predigt – wurde vor allem durch schwarze Sänger populär, mal abgesehen vielleicht von Eminem, dessen Gesicht bleicher nicht sein könnte.
Jazz, Blues, Rock ’ n’ Roll sind durch schwarze Musiker entstanden – wie auch der Rap ursprünglich afroamerikanisch war. Dichter und Musiker bildeten in den 1960ern – Jahren der Bürgerrechtsbewegung – The Last Poets und brachten echten Rap.
Bacallà – bacalao
Fisch durch Trocknen haltbar zu machen ist eine der ältesten Methoden der Konservierung und wurde schon von den Wikingern praktiziert. Vermutlich hat man Bacalao, wie wir ihn heute kennen, am Golf von Biskaya erfunden. Im Binnenland herrschte Nahrungsmittelknappheit, und um größere Stücke Fisch für den langen Transport unter sengender Sonne zu konservieren, wurde Kabeljau nicht nur auf Holzgestellen an der Luft getrocknet, bis er hart wie ein Ast war deshalb die Bezeichnung pejepalo oder Stockfisch –, sondern mit Salz entwässert und dann auf Felsen getrocknet. Daher der Name Klippfisch. Auf Spanisch nennt man ihn bacalao seco, trockenen Kabeljau.
Bacalao wird geschmort, in Sauce gedünstet oder frittiert – das ergibt eine breite Palette an Ge
richten, wobei jedes mit einem ganz bestimmten Stück des getrockneten, gesalzenen Fischs zubereitet wird.
Vor seiner Zubereitung muss ein Klippfisch gewässert werden, bis die Fleischfasern gut gequollen sind. Das passiert im Kühlschrank und das Verhältnis von Wasser zu Fisch sollte in etwa drei zu eins betragen. Wie lange gewässert werden muss, kommt auf die Größe an. Man sagt, etwa 24 Stunden, dabei dreimal das Wasser wechseln. Handelt es sich aber um ein dickes Stück lomo, wird man es 36 Stunden entsalzen müssen. Doch zu lange sollte es auch nicht sein, man kann den Bacalao auch so lange im Wasser lassen, bis er nach gar nichts mehr schmeckt!
Beim Wässern soll der Fisch mit der Hautseite nach oben im Wasser liegen, so kann das Salz nach unten abfließen. Beim Wechseln des Wassers nimmt man vorher den Fisch heraus und kippt dann erst das Salzwasser weg keine Frage, dass auch das Behältnis vor dem nächsten „ Waschgang“ausgespült wird.
Kam Klippfisch früher unter der Woche häufig auf den Tisch, ist getrockneter, gesalzener Kabeljau heute ein Luxus, dem ausgie
big nur in der Fastenzeit gefrönt wird. Vor allem in den klösterlichen Küchen des Landesinneren war Bacalao ein fundamentales Nahrungsmittel – nicht umsonst bezeichnete man die Klöster jener Zeit als „ Hiltons“des Mittelalters.
Ganz andere Berühmtheit erhielt der Stock- oder Klippfisch vor fast 30 Jahren. Als Discomusikstil war Bacalao verbunden mit den berühmt-berüchtigten Wochenendtouren auf der Carretera de Valencia – samt zugehöriger „ Pillen“. Auf die „ Ruta del Bacallà“ging man freitags nach der Arbeit und kam oft erst montagmorgens zurück, rechtzeitig zum Arbeiten – oder auch nicht. Eine Gruppe gleichen Namens sorgte damals für Schlagzeilen, und es wurde von der Sensationspresse behauptet, ohne Psychotropika sähen sie aus wie frisch aus dem Schleudergang der Waschmaschine. Wo der Name herrührte? Plausibel ist der Ausdruck für einen chaval nach schweißtreibender marcha von Discothek zu Discothek: „ Ese tío va calao“– sprich: „ ba calao“(calado de sudor – total verschwitzt).
Pop – pulpo
Wie alle Kopffüßer trägt der Oktopus seine Arme mit den Saugnäpfen (oder Füßen) direkt am Kopf; kurios, dass er einen Lieblingsarm besitzt, den er häufiger benutzt als die anderen. Die unter den Tintenfischen am weitesten entwickelten Kraken haben ein unter ihresgleichen hochentwickeltes Nervensystem, ihre Arme können sich beispielsweise unabhängig vom Gehirn bewegen. Kraken besitzen sehr gute Augen und ein ausgeklügeltes Tarnsystem. Blitzschnell können sie Form und Farbe wechseln und sich bei Gefahr bestens der Umgebung anpassen.
Was ihn aber besonders kennzeichnet, ist seine Intelligenz, die sogar mit der von Ratten verglichen wird. Er ist sehr lernfähig, trickreich im Suchen von Verstecken, und Wissenschaftler gehen gar so weit, dem Tintenfisch eine eigene Persönlichkeit zuzuschreiben.
Der Pulpo ist ein sehr sensibles Tier. Wenn er sich im Kampf gegen seine Feinde verloren sieht, ziehen sich seine Muskeln zusammen und bleiben gespannt. Damit der Pulpo zart wird, müssen die Muskeln gelockert werden.
Glaubt man den Abenteuern Kapitän Nemos, hat der Oktopus auch schon Menschen angegriffen. Als Musikrichtung eingestuft, ist Pop dagegen als vollkommen harmlos zu betrachten. Und leicht verdaulich. Im Gegensatz dazu muss sich – kulinarisch gesehen – der Namensvetter pulpo erst mal tüchtig durchklopfen lassen, bis er genießbar ist.
Carme Ruscalleda, Fünfsterneköchin, schlägt dafür den Holzstock vor, der früher zum Wäschewaschen an den Brunnen benutzt wurde. Sie muss es wissen, hat sie doch ein traditionelles Fischergericht aus Santa Pola neu interpretiert: einen Tintenfischeintopf mit Kohl und Kartoffeln.
Pop, pulpo, ist also das intelligenteste der wirbellosen Tiere. Ob wohl Madonna als intelligentes Wirbeltier des Pop bezeichnet werden kann?
Seeteufel „a la marinera“
Für 4 Pers.: 1 Seeteufelkopf für die Brühe (cabeza de rape), 500 g Seeteufelfleisch (rape), 4 Stangen grüner Spargel (espárragos verdes), eine Handvoll Erbsen (z.B. tiefgekühlte guisantes), 12 Venusoder Teppichmuscheln (almejas), 3 Knoblauchzehen (ajo), 2 gehäufte EL Mehl (harina), 5 EL Olivenöl (aceite de oliva), 1 Glas trockener Weißwein (vino blanco seco), Salz (sal), Petersilie (perejil)
In einer Kasserolle Knoblauchzehen in Olivenöl braten, dann herausnehmen.
Mehl zufügen und auf sanftem Feuer anschwitzen, ohne dass es Farbe annimmt. Weißwein zugießen sowie einen halben Liter Fischbrühe, die man mit dem Kopf des Seeteufels angesetzt hat. Umrühren. Dann erhitzen, damit die Sauce bindet und aufkochen.
In die Sauce gewässerte Muscheln, geputzten grünen Spargel und eine Handvoll Erbsen geben. Wenn das Ganze gut kocht, den in Stücke geschnittenen Seeteufel zufügen, mit Salz abschmecken und leise eine Minute köcheln lassen. Mit gehackter Petersilie bestreuen und heiß servieren.
Fastensuppe mit Seeteufel
Zutaten für 4 Pers.: etwa 300 g küchenfertiger Seeteufel (rape), einen Seeteufelkopf für die Brühe (cabeza de rape), 150 g junge Kerne von weißen Bohnen (judías blancas tiernas), 1 Zwiebel (cebolla), 4 Stangen Lauch (puerro), 1 Möhre (zanahoria), ½ Kohlkopf (col), 2 reife Tomaten (tomates maduros), 1 hart gekochtes Ei (huevo duro), 1 Lorbeerblatt (laurel), Thymian (tomillo), Petersilie (perejil), 1 ½ l Wasser, 3 Pfefferkörner (granos de pimienta), Olivenöl (aceite de oliva), Salz
Fischfond zubereiten mit dem Seeteufelkopf, einer halben Zwiebel, dem Lorbeerblatt sowie Thymian, Petersilie, Pfefferkörnern und Salz.
Gemüse wie Möhre, Lauch, Kohl putzen und klein schneiden. Mit der restlichen, in Scheiben geschnittenen Zwiebel in Olivenöl anschwitzen. Gehäutete, entkernte klein gewürfelte Tomate zufügen und zehn Minuten mit anschwitzen.
Den durchgesiebten Fischfond angießen und alles sehr sachte köcheln lassen, bis das Gemüse weich ist.
Die Bohnenkerne und den in Stücke geschnittenen Seeteufel dazugeben, noch mal zehn Minuten köcheln lassen.
Mit gehacktem hart gekochtem Ei garniert servieren.
Pimientos del piquillo mit Klippfischpüree
12 Pimientos del piquillo (spezielle kleine rote Paprikaart aus Dose oder Glas, am besten aus Lodosa), 1 Zwiebel (cebolla), 1 Knoblauchzehe (ajo), 1 grüne Paprikaschote (pimiento verde), 400 g Klippfisch, gewässert und in kleine Stücke zerpflückt, etwas Butter (mantequilla), 40 g Mehl (harina), Milch (leche),
Olivenöl (aceite de oliva);
Für die Sauce: 1 Zwiebel, etwas Knoblauch, 2 grüne Paprikaschoten, eine der Pimientos del piquillo, 2 reife Tomaten, einen 1/2 Apfel (manzana), Brühe oder Wasser
Gehackte Zwiebel, Knoblauch und Paprikaschote, alles klein gewürfelt, in Olivenöl anschwitzen. Währenddessen in einer anderen Pfanne den Klippfisch in ein wenig Öl gut anbraten und zu dem Gemüse geben. Wenn alles ordentlich angegangen ist, das Ganze in ein Sieb geben, Saft auffangen.
In einem Topf ein bisschen Butter und Öl erhitzen, etwas Mehl zufügen, anschwitzen und mit dem aufgefangenen Saft und ein wenig Milch ablöschen. Die Bechamel unter Rühren eine Weile köcheln lassen.
Klippfischmasse – eine so genannte Brandade – zugeben, alles gut vermischen und abkühlen lassen. Die kleinen Paprikaschoten damit füllen, durch Mehl und Ei ziehen und braten.
Für die Sauce klein gehackte Zwiebel, Knoblauch, Paprikaschoten und eine Pimiento del piquillo mit ihrem Saft anschwitzen. Den geschälten, entkernten und klein geschnittenen Apfel und etwas Brühe oder Wasser zufügen. Köcheln lassen, mit Salz abschmecken und im Mixer pürieren, durchsieben.
Die Sauce auf Teller verteilen und die gefüllten gebratenen Pimientos del piquillo darauf anrichten.
Reis mit Stockfisch
Für 4 Pers.: 400 g Reis (arroz bomba), etwa 200 g Stockfisch (bacalao), 500 g Spinat (espinacas), 2 mittelgroße Tomaten (tomates), 6 Stängel junger Knoblauch (ajo tierno), Olivenöl (aceite de oliva), Paprikapulver (pimentón dulce), Safran (azafrán), Salz, ungefähr ein Liter Wasser
Stockfisch etwa zwölf Stunden wässern, Wasser viermal wechseln. Spinat putzen, waschen, blanchieren und klein hacken. Die Knoblauchstängel (sie sehen aus wie Minifrühlingszwiebeln) fein hacken, Tomaten enthäuten, entkernen und in Würfel schneiden.
Knoblauch in Olivenöl anschwitzen, Spinat zufügen, angehen lassen und zum Schluss die Tomatenwürfel dazugeben. 1/2 TL Paprika und ein paar Safranfäden mit anschwitzen.
Den Reis zugeben und glasig dünsten, mit Wasser auffüllen und den in Stücke zerpflückten Fisch (ohne Gräten und Haut) einlegen. Salzen wird vermutlich nicht nötig sein. Den Reis 20 Minuten kochen und danach ein paar Minuten ruhen lassen.
Pulpo auf galicische Art
Für 4-8 Pers.: 1 Oktopus (pulpo, 1 1/4 bis 1 1/2 kg, frisch oder gefroren), grobes Meersalz (sal marina gruesa), 4 mittelgroße bis große Kartoffeln (patatas), geräuchertes Paprikapulver (pimentón de la Vera, im Döschen), Olivenöl
Gefrorenen Oktopus entweder 24 Stunden im Kühlschrank auftauen oder ein paar Stunden in kaltem Wasser, dabei ab und zu das Wasser wechseln.
Mit der Schere die unteren Hautteile an den Tentakeln sowie die Haut dort, wo die Tentakeln mit dem Kopf verbunden sind, abschneiden, den Kopf entsorgen. (Man könnte den Oktopus auch erst kochen und dann die Tentakeln abtrennen.)
In einem großen Topf Wasser zum Kochen bringen, gut salzen. Tintenfischarme hineingeben, und wenn das Wasser wieder aufwallt, den Deckel draufgeben und die Hitze reduzieren, so dass das Wasser nur leise simmert. Etwa eine Stunde köcheln, bis der Oktopus weich ist. In der Zwischenzeit Kartoffeln schälen und in ein bis eineinhalb Zentimeter dicke Scheiben schneiden. Ungefähr nach der Hälfte der Garzeit mit in den Topf geben und weich kochen. Sollten sie vor dem Oktopus fertig sein, herausholen und warm halten.
Ist der Tintenfisch weich, herausnehmen und abtropfen lassen. Kartoffel auf Teller verteilen, den Pulpo wieder mit der Schere in Stücke schneiden und auf den Kartoffeln platzieren.
Großzügig mit Paprika, Meersalz und Olivenöl versehen und heiß oder warm servieren.