Furchtbares Nachtaroma
Fieser Geruch stört deutsche Seniorin aus Torrevieja – Aber nur im Hochsommer
Torrevieja – sw. Mit ihrem Leben in Spanien sei sie schon seit bald 30 Jahren „ ziemlich glücklich“, versichert Renate Spremberg. Sie hat sich in Torrevieja richtig eingelebt, das sieht und hört man: Wie flott und gern sie auf Englisch und Spanisch mit Menschen der Nachbarschaft spricht. Wie gut sie sich mit der Ortspolitik auskennt. Aber auch, wenn sie von erfolgreichen Initiativen der Bewohner ihres Viertels San Luis erzählt. Nun aber steht sie mit einer Sorge etwas allein da. Etwas Unangenehmes vermieste ihr den Sommer: Ein seltsamer Gestank, der jeweils in der Nacht auftauchte.
Richtig übel sei der Geruch gewesen. „ Als handelte es sich um tote Körper, Kadaver“, versucht die Deutsche eine Beschreibung. Nicht jede Nacht sei der furchtbare Duft aufgetaucht, aber „ manchmal mehrere Nächte hintereinander.“Wahrscheinlich von der Nordseite der Siedlung sei der Geruch zu ihrem Haus gezogen und hätte die 85-Jährige immer wieder aus dem Schlaf geweckt. Vor allem im August.
Nun, im September sei das Phänomen nur noch ansatzweise aufgetaucht. Aber eher morgens, um 8 oder 10 Uhr. „ Ich fürchtete schon, es kommt wieder, aber es verschwand.“Ihr Verdacht: Abwässer würden an einer versteckten Stelle in der Nähe entsorgt werden. Dass solche Methoden in ihrer Zone existieren, weiß sie aus Erfahrung.
Vor Jahren regte sich Bewohner-Widerstand, als bekannt wurde, dass durch einen Abfluss vor Los Montesinos stinkendes Wasser in einen Kanal – und durch den in die Lagune – geriet. Dank des Bürgerwiderstands sei die Stelle mittlerweile versiegelt. „ Damals kam der grüne Bürgermeister José Manuel Dolón hier vorbei und erklärte uns, dass in der Hochsaison Kläranlagen mit dem Aufbereiten des Wassers nicht hinterherkommen“, erzählt die Rentnerin. Die zuvorkommende, transparente Haltung hätte ihr gefallen. Die heutige PPRegierung von Eduardo Dolón sei da anders: Weder informiere sie die Bewohner der Urbanisationen, noch nehme sie ihre Sorgen wahr.
„ Man sehe den riesengroßen Asphaltplatz, für den unten in La Siesta alles niedergewalzt wurde“, klagt Spremberg. „ Wer soll ihn bitte benutzen, wenn nur Ältere dort leben?“Doch nicht nur seitens der Stadt fühlt sie sich allein mit dem neuen Gestank-Problem. In ihrem Umfeld hätte niemand den nächtlichen Ekelgeruch richtig registriert. „ Meine Nachbarn machen alle nachts im Sommer die Klimaanlage an und haben die Fenster zu“, sagt Spremberg, die ihre Fenster gern offenlässt. Letztes Jahr hätte sie, nach einer Pause in der Corona-Zeit, erstmals wieder nächtlichen Gestank gespürt. „ 2022 aber roch es eher nach Verbranntem.“Der vermeintliche Kadavergeruch sei für sie etwas ganz Neues.
Wir hören uns in der Gegend um. Das Thema Gerüche erregt am Straßeneck und an der Bartheke sogleich eifrige Gespräche mit gehörigem Insiderwissen. Anwohner nennen etwa nahegelegene Felder oder Betriebe, wo stark riechende Dünger zum Einsatz kämen. Das sei aber ein altbekannter Umstand. Sprembergs Beschreibungen nah kommt nur die Erfahrung einer jungen Frau aus San Luis, die im Sommer „ durch einen stechenden Geruch wach geworden“sei – doch eher im Juni oder Juli.
Beim Rathaus kommen wir auch nicht weit. Mehrmals durchgestellt, sprechen wir mit dem Bereich „ Servicios“, wo man darauf verweist, online eine „ instancia generica“zu stellen. Dann könnte die Stadt sich um das Problem kümmern. Aber wir wollen nur wissen, ob ein solches Problem bekannt sei... „ Wir rufen Sie an“, sagt die Dame. Ob sie unsere Nummer habe? Tuuut, aufgelegt. Und ran geht sie auch nicht mehr.
Vom Ankämpfen gegen solche Widrigkeiten habe Spremberg „ die Nase voll“, sagt die 85-Jährige lächelnd, gibt aber noch einen Tipp für die, die mit dem Spanien-Auswandern glücklich werden wollen: „ Du musst es wirklich wollen, sonst macht es keinen Sinn.“