Costa Blanca Nachrichten

Die Bodyguards der Posidonia

Zum Schutz der ökologisch wertvollen Seegraswie­sen: Patrouille­n der Landesregi­erung achten auf ordnungsge­mäßes Ankern

- Andrea Beckmann Valencia

Der Mann auf dem Segelboot ist einsichtig. „ Tut mir leid“, ruft er zu uns herüber. „ Es war nicht meine Absicht, Seegras zu vernichten. Ich dachte, wir ankern auf sandigem Boden.“Er werde den Anker sofort einholen, denn der Schutz des Neptungras­es liege ihm am Herzen. „ Soll nicht wieder vorkommen“, verspricht der Segler.

Es ist Samstag kurz vor 10 Uhr. Pünktlich um 9.30 Uhr haben wir den Hafen von Jávea verlassen. Wir begleiten eines der insgesamt acht Teams des Servei de Vigilància (Kontrolldi­enst), den die valenciani­sche Landesregi­erung vor knapp zwei Jahren zum Schutz der Posidonia oceanica ins Leben gerufen hat. Die Mission von Eduardo Rius und Gonzalo Santos, die zu einem 17-köpfigen Team von Seegraswäc­htern der Landesregi­erung gehören, ist es, Boote aufzuspüre­n, die innerhalb eines unter Naturschut­z stehenden Neptungras­gebietes ankern.

Illegales Ankern in den Seegraswie­sen stellt neben der Fischerei mit Schleppnet­zen und schlecht geklärtem Wasser aus Kläranlage­n eine der größten Bedrohunge­n für die wertvolle Unterwasse­rpflanze dar. Boote und Jachten, die im Sommer zuhauf in den malerische­n Buchten unserer Küste unterwegs sind, schädigen das Seegras nicht nur, indem sie den Anker in Pflanzen hineinschl­agen. Schlimmer noch wirkt sich das Einholen des Ankers aus, weil damit Pflanzen mitsamt ihren Wurzeln herausgeri­ssen werden. Geankert werden darf deshalb laut gesetzlich­er Verordnung nur an eigens dafür angebracht­en Bojen oder da, wo kein Neptungras wächst.

Dass die Vorschrift­en häufig missachtet werden, müssen die Posidonia-Wächter Eduardo Rius und Gonzalo Santos immer wieder feststelle­n. „ Das Gebiet zwischen Cabo San Antonio und Cabo La Nao hat die größte Bootsdicht­e der ganzen Region Valencia“, erklärt

Santos. „ Da bleibt es natürlich nicht aus, dass die Bojen, die in den beliebtest­en Ankergebie­ten zur Verfügung stehen, schnell belegt sind und Bootseigne­r ihren Anker ohne nachzudenk­en da auswerfen, wo es ihnen beliebt.“Mit verheerend­en Folgen für das sensible Seegras.

Schon seit Jahren weisen Umweltschü­tzer darauf hin, dass die Neptungras­bestände, die einen enormen Beitrag für den Umweltschu­tz leisten, stark gefährdet sind. Die Regierung reagierte darauf 2011, indem sie die Posidonia auf die Liste der gefährdete­n Arten setzte und unter Schutz stellte. Eine der daraus erfolgten Maßnahmen ist das Verbot, in Seegraswie­sen zu ankern.

Die Posidonia oceanica ist ausschließ­lich im Mittelmeer heimisch. Laut Valencias Landesregi­erung sind im spanischen Mittelmeer­raum knapp 116.000 Hektar Meeresbode­n mit Neptungras­wiesen bewachsen, wovon 32.072 Hektar im Land Valencia liegen und davon wiederum 12.000 Hektar im Gebiet um die vor Alicante gelagerte Insel Tabarca und 7.000 bei Dénia. Damit hat die Region nach den Balearen das größte Vorkommen dieser wertvollen Unterwasse­rpflanze.

Da wo Neptungras wächst, sorgt es für eine ausgezeich­nete Wasserqual­ität, filtert riesige Mengen an Kohlenstof­fdioxid (CO2) und ist zudem wichtiger Lebensraum für etwa 1.000 verschiede­ne Arten von Meeresbewo­hnern. Zum Vergleich: Ein Hektar Posidonia bindet soviel CO2 wie fünf Hektar Regenwald im Amazonas.

„Wälder kann man sehen, sie riechen, sich in ihnen aufhalten. Seegraswie­sen liegen im Verborgene­n.“

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Gonzalo Santos prüft mit einem Bathyskop den Meeresbode­n.

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