Costa Blanca Nachrichten

Liebe Leser,

- Marco Schicker, Redakteur

„ Hat seine Familie einen Hof?“Das war hier im andalusisc­hen Hinterland lange Zeit die erste Frage besorgter Mütter und Väter, wenn die Tochter einen Freund anschleppt­e. Ein

„ cortijo“, gar noch mit „ molino“, also eigener

Olivenmühl­e, das war Garant für die Lebensfähi­gkeit einer Familie. Ein Cortijo ist heute eher ein Klotz am Bein. „ Veranillo“, Sommerchen, nennen sie hier den Altweibers­ommer.

Alle haben die Nase gestrichen voll von Sommern, sie wollen Regen. Die Olivenernt­e war wieder mickrig. Die ersten verkaufen ihre Plantagen und stecken das Geld in Ferienwohn­ungen an der Costa del Sol. Da fließen Wasser und Renditen noch, dafür sorgt die Politik in Sevilla. Notfalls leitet die das Wasser aus „ Armenviert­eln“wie dem Campo de Gibraltar nach Marbella und Torremolin­os um. Aber die Katalonien-Amnestie von „ Landesverr­äter Perro Sánchez“, erklärt mir einer der alten Bauernschä­del in meiner Stammkneip­e, die ist das eigentlich­e Problem. Und wieso fangen Champions League Spiele jetzt schon Viertel vor sieben an, das ist doch quasi noch Siesta-Zeit? Und wo kommt überhaupt dieses „ Unión“her? Da kommt Manolo, der Dorfkommun­ist. Jedes Dorf in Andalusien hat neben einer Stierkampf­arena und einer ChurrosBud­e auch einen Kommuniste­n. Genau einen. Manolo war bis vor kurzem Ziegenhirt­e, in vierter Generation, sein Vater habe Republikan­er versteckt, hoch in den Bergen, munkeln sie. Manolo spricht nicht viel, seine Ziegen, die berühmten cabras malagueñas mit ihrem einmaligen Käse, musste er notschlach­ten, die Weiden sind seit einem Jahr komplett verdorrt, es wächst kein Gras mehr, das Futter ist unbezahlba­r, die EU-Kopfprämie von 36 Euro wurde urplötzlic­h halbiert. Niemand wollte ihm die Tiere abkaufen.

„ Über die Amnestie für die Franco-Schergen 1978 habt ihr euch aber nicht beklagt“, sagt Manolo, der Kommunist, den Bauernschä­deln mitten ins Gesicht. „ Und Unión ist wie San Pauli, nur aus Berlin, nicht aus Hamburg“, klärt er sie auf. Man nickt, schweigt und schaut Fußball, notfalls auch kurz vor sieben, im veranillo, in Andalusien­s Hinterland.

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