Wenn ich Präsident von Spanien wäre
Konservativer Aspirant Alberto Núñez Feijóo scheitert im ersten Wahlgang
Madrid – sk. Einen Monat lang hat PP-Chef Alberto Núñez Feijóo nach Stimmen für eine Regierungsbildung gesucht und keine gefunden. Mit nur 172 Mandaten fehlen ihm am Ende so viele wie am Anfang zur absoluten Mehrheit: vier. Trotzdem stellt er sich der Wahl, die er bei der ersten Abstimmung verliert. Die zweite Abstimmung findet am Freitag, 29. September, statt, dann würden mehr Ja- als Nein-Stimmen genügen. Auch dieses Szenario gilt als unwahrscheinlich, da Abgeordnete der Regionalparteien ihn mit Enthaltung oder „ Ja“unterstützen müssten.
Kein einfacher Weg hat Feijóo ins Parlament geführt, um die Abgeordneten zu überzeugen, dass er der richtige Ministerpräsident für Spanien ist. Bevor König Felipe VI. den Sieger der Parlamentswahl vom 23. Juli beauftragte, Mehrheiten für eine Regierung zu suchen, wusste Feijóo schon, dass er keine finden konnte. So glich seine einmonatige Suche einer Wanderung auf einem schmalen Grat, selten sah man einen Feijóo als Staatsmann, oft schlug er einen Oppositionskurs gegen eine Regierung ein, die es noch gar nicht gibt, oder verbreitete Wahlkampfstimmung für einen Urnengang, der gar nicht anberaumt ist. Manche meinten gar, er schaffe den Nährboden für ein künftiges Misstrauensvotum. Vor allem aber erfüllte der Galicier seine Pflicht gegenüber Demokratie und Verfassung, legte dem Abgeordnetenhaus sein Regierungsprogramm vor und überzeugte damit vor allem seine eigene Partei als regierungsfähige Führungsfigur. Und das ist allerhand.
Bei seinem vielleicht einzigen staatsmännischen Auftritt von Feijóo bezeichnete er ein AmnestieGesetz für katalanische Separatisten als „ weder juristisch noch ethisch akzeptabel“. Unternehmern und Geringverdienern in Spanien versprach er Steuervergünstigungen, aber die Bankensteuer bleibt, und auch an den sozialen Hilfen der Sozialisten will er nicht rütteln. Sozial- und wirtschaftspolitisch hätten Sozialisten und Konservative keine großen Gräben zu überwinden, um sich zu einigen. Und so streckte Feijóo erneut seine Hand nach Unterstützung aus, für „ eine Regierung mit Verantwortung und der Beteiligung dieses Parlaments mit sechs Staatspakten.“Dass niemand nach ihr griff, liegt auch an ihm und seiner PP.
Vor rund 50.000 Parteianhängern wetterte Feijóo auch am Sonntag in Madrid gegen Sánchez und das vermeintliche AmnestieGesetz, mit dem dieser sich die Gunst der Separatisten sichern und die Mehrheit für sein Linksbündnis schmieden will. Vor Feijóos Augen und denen der konservativen Ex-Präsidenten José María Aznar und Mariano Rajoy wehten viele spanische Nationalflaggen, symbolisch für die in Gefahr gewähnte nationale Einheit. Deswegen verzichten PP-Abgeordnete auch auf die Kopfhörer und die Simultanübersetzungen im Parlament, wenn andere Politiker in einer der drei Regionalsprachen Baskisch, Galicisch oder Katalanisch zu ihnen sprechen. Wegen Einheit der Nation, der Gleichheit aller Spanier und mit madrilenischer Arroganz hören Konservative den Stimmen aus den Regionen gar nicht erst zu. Just die Parteien aus den Regionen lehnen Feijóo als Ministerpräsidenten und seine Bündnisse mit der Rechtspartei Vox ab, für die Föderalismus ein rotes Tuch ist.
Seit Wochen greifen Konservative Sánchez wegen dessen möglicher Zugeständnisse an die katalanischen Unabhängigkeitsbefürworter von Junts und ERC an. Deren Hauptforderung richtet sich auf eine Generalamnestie für Aktivisten im Zusammenhang mit dem Unabhängigkeitsreferendum im Oktober 2017 – vorneweg für den Justizflüchtling und ehemaligen katalanischen Regierungspräsidenten Carles Puigdemont. Just am Sonntag packte Mariano Rajoy seine Wunderwaffe, den Verfassungsartikel 155, wieder aus, mit dem er Katalonien einst unter die Zwangsverwaltung Madrids stellte. Für PP und Vox das Allzweckmittel, um aufmüpfige Regionen zur Raison zu bringen.
PP hört Abgeordneten aus Regionen nicht zu, aber ihre Stimmen will sie wohl