Für den Tod nicht zuständig
Residentin aus Calp muss Kosten für Abtransport von verstorbenem Untermieter übernehmen
Calp – ann. Eine Schweizer Residentin aus Calp ist noch immer „ fassungslos“über das, was sie vergangene Woche erlebt hat. Fast 24 Stunden lag die Leiche ihres Untermieters in ihrem Haus, und hätten sie und ihre Mutter nicht 1.890 Euro bezahlt, läge der Tote wohl heute noch in der Mietwohnung. „ Wir hatten einen Toten auf dem Sofa, und niemand fühlte sich zuständig“, sagt die Residentin, die aus Rücksicht auf die verbleibende Untermieterin anonym bleiben möchte.
Weder der Verstorbene noch seine Lebensgefährtin hatten die Mittel, den Abtransport zu bezahlen. Die Freundin des Toten, ebenfalls schwer krank, lebt nach Aussage der Vermieterin schon seit zehn Jahren mietfrei in der Wohnung. „ Ich kenne sie seit 20 Jahren, ich kann sie ja nicht einfach auf die Straße setzen“, sagt sie. Nähere Familienangehörige des verstorbenen Mannes ließen sich ebenfalls nicht ausfindig machen, auch eine Krankenversicherung besaß er nicht. „ Wir haben einen ganzen Tag lang rumtelefoniert“, erzählt die Residentin. Die Botschaft seines Heimatlandes habe sich nicht zuständig gefühlt, weil der Verstorbene in Spanien lebte. Jemand von der Botschaft habe dann versucht, sich mit Rathaus und Polizei in Verbindung zu setzen, doch auch das führte zu keinem Ergebnis. „ Es war unmenschlich, es interessierte keinen“, ist die Residentin erschüttert. „ Wenn ich skrupelloser wäre, hätte ich ihn einfach vors Rathaus gelegt“, sagt die Schweizerin. „ Wenn der Mann auf der Straße verstorben wäre, dann hätten sich die Behörden darum gekümmert“, ist sich die Vermieterin sicher. Wenn ein Obdachloser stirbt, werde er ja auch nicht liegengelassen.
Doch in ihrem Fall habe sie sich letztlich nicht mehr anders zu helfen gewusst, als den Transport selbst zu zahlen. „ Sagt mir die Alternative, denn ich kenne sie nicht“, habe sie zu denjenigen gesagt, die gemeint hätten, das sei doch nicht ihre Aufgabe. „ Und ich frage mich auch, für was hat man denn einen Pass, wenn einem das Land in so einer Situation nicht hilft?“
Schließlich fanden sie ein Bestattungsunternehmen, das sich bereiterklärte, den Toten für 1.890 Euro abzuholen. „ Sie kamen am Mittwoch vergangener Woche um Mitternacht und nahmen ihn mit“, erzählt die Residentin aus Calp, die auch andere Vermieter mit dieser Geschichte warnen will. „ Wenn ein Mieter stirbt, ist das womöglich dein Problem“, sagt sie. „ Die Leute müssen das wissen.“
Die CBN hat Rechtsanwalt Dr. Rainer Fuchs befragt, wer in diesem Fall für den Abtransport der Leiche zuständig wäre. „ Wer seinen Lebensmittelpunkt in Spanien hat, für den ist rechtlich allein Spanien zuständig“, schreibt Rainer Fuchs. „ Das zuständige Rathaus muss sich daher um die Beerdigung kümmern. Das wird es allerdings nur nach dem Subsidiaritätsprinzip tun, wie auch sonst Sozialleistungen in Spanien nur gegeben werden, wenn es keine andere Hilfe gibt.“Nach Angaben der Vermieterin war der Tote allerdings nicht in Calp gemeldet.
„ Deutsche Sozialhilfe (jetzt Bürgergeld genannt) wird im Übrigen an mittellose Residenten nur gezahlt, die sich nicht über einen Monat in Spanien aufhalten“, erinnert Fuchs. Danach sei dies nur in seltenen Ausnahmefällen möglich, etwa wenn eine Heimkehr nach Deutschland aus gesundheitlichen Gründen nicht möglich ist. „ Auch Konsularhilfe setzt einen Lebensmittelpunkt in Deutschland voraus. Mittellose können aus Spanien ausgewiesen werden, außer wenn sie eine Daueraufenthaltsgenehmigung besitzen (nach fünf Jahren legalem Aufenthalt)“, schließt er.
„Wir hatten einen Toten auf dem Sofa und niemand fühlte sich zuständig“