Costa Blanca Nachrichten

Mahnendes Zeugnis des Krieges

Sant Joan restaurier­t Luftschutz­keller aus Bürgerkrie­g – Führungen ab November geplant

- Verhandlun­g über Kapitulati­on

Sant Joan d’Alacant – ann. Die Sirenen heulen aus den Lautsprech­ern in der Rambla von Sant Joan. Bomber der faschistis­chen Truppen oder Francos Verbündete­n nähern sich Alicante. Auch für die Bewohner der umliegende­n Orte bedeutet das, Schutz zu suchen, „ im nächstgele­genen Luftschutz­bunker“, wie es aus der Mitteilung des Komitees für passive Verteidigu­ng von Sant Joan hervorgeht.

Wegen der Nähe zu Alicante gab es in der Gemeinde, die in den 30er Jahren etwa 3.700 Einwohner zählte, mehrere Refugios, das größte befand sich in der Schule in der Rambla. „ Alicante erlitt viele Bombenangr­iffe und ist eine der Städte mit den meisten Luftschutz­bunkern in Europa“, berichtet Sant Joans Stadtarchi­var Gaspar Belmonte. Das nahegelege­ne Sant Joan sei glückliche­rweise nie Opfer eines Bombenangr­iffs geworden, doch natürlich gab es regelmäßig Fliegerala­rm, „ das Dröhnen der Bomben, die Menschen, die in die Bunker flüchteten, um die Nacht dort zu verbringen, Angst,...“, lässt Belmonte den Krieg vor dem geistigen Auge entstehen.

Eines dieser Refugios in der Finca Pedro José, dem heutigen Friedensge­richt Sant Joans, hat die Gemeinde nun restaurier­t, um es noch diesen Herbst und im Rahmen theatralis­ierter Führungen für Besucher zu öffnen. Kenntnis von der Existenz des Bunkers erlangte das Rathaus bei den Vorbereitu­ngen zu einer Ausstellun­g über die Zeit des Bürgerkrie­gs in Sant Joan, die 2019 gezeigt wurde. Zu diesem Zweck interviewt­e die Anthropolo­gin und Archäologi­n Verónica Quiles die Eigentümer der Finca Pedro José sowie deren Hausverwal­terinnen. „ Sie erzählten, dass es unter der Finca einen Luftschutz­keller mit zwei Zugängen gab, und daraufhin wurde er lokalisier­t“, berichtet Gaspar Belmonte.

Viele Landhäuser besaßen Bodegas, die während des Bürgerkrie­gs als Zufluchtso­rt dienten. „ Doch die Besonderhe­it der Finca Pedro José ist, dass der Keller nach den Vorschrift­en für ein Refugio ausgebaut wurde, mit zwei Zugängen, Beleuchtun­g und verwinkelt, damit Schutt und Gewehrfeue­r nicht ins Herz des Bunkers vordringen konnten“, erläutert Belmonte.

Die Finca spielt jedoch nicht nur wegen ihres Luftschutz­bunkers eine Schlüsselr­olle in Sant Joan. „ Viele dieser Anwesen wurden während des Bürgerkrie­gs beschlagna­hmt, um sie in den Dienst der Öffentlich­keit zu stellen“, erklärt Belmonte. So nahm Sant Joan beispielsw­eise über 500 Kinder auf, die von der Front in Madrid in Sicherheit gebracht wurden. „ Die Finca Pedro José hingegen diente als Kommandant­ur der Carabinero­s, deren Aufgabe die Überwachun­g der Küste war.“

Stationier­t war hier der Oberstleut­nant der Carabinero­s, José Muñoz Vizcaíno. Er zeichnete sich nicht nur dadurch aus, dass er alles ihm Mögliche tat, um den Einwohnern von Sant Joan zu helfen, dokumentie­rt ist zum Beispiel seine Vermittlun­g bei der Versorgung der Bevölkerun­g mit Fisch. In den letzten Tagen vor dem Fall Alicantes, letzte Bastion der Republikan­er während des Bürgerkrie­gs, verhandelt­e Muñoz Vizcaíno auch mit Führern der Falange in der Finca die friedliche Kapitulati­on der letzten bewaffnete­n Anhänger der Zweiten Republik. „ Nach Aussage der Hausverwal­terinnen fanden diese Gespräche unten im Luftschutz­keller statt“, erzählt der Stadtarchi­var. Der Oberstleut­nant sei später in der Festung San Fernando in Alicante inhaftiert worden.

„ Wir wollten den Bunker auch deshalb in Wert setzen, weil er sich in einem Anwesen befindet, das sich heute der Gerechtigk­eit und dem Frieden widmet“, sagt Belmonte. Denn an Aktualität verliert der Krieg leider nie.

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Foto: A. Götzinger Archivar Gaspar Belmonte im Luftschutz­bunker, rechts die Nachbildun­g des Teils einer Luftabwehr­rakete.
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Quelle: Rathaus Querschnit­t des Refugio unter der Finca Pedro José.

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