Costa Blanca Nachrichten

Kleines Barcelona am Vinalopó

Novelda feiert sein bemerkensw­ertes Jugendstil-Erbe – Ein modernisti­scher Rundgang

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Novelda – sw. Es war einmal in Europa, als eine innere Regung die Menschen erfasste. Eine, die sich jung und neu und modern anfühlte. Architekte­n gelang es am besten, sie abzubilden. Quer über den alten Kontinent erwuchsen Bauwerke voller Schwung, Asymmetrie und aus der Natur entlehnten Formen. Art nouveau oder Jugendstil taufte man das Phänomen in Mitteleuro­pa, Modernisme in Barcelona, das zur Hochburg des neuen Stils wurde. Aber auf der europäisch­en Jugendstil-Route in Spanien ist auch Novelda ein modernisti­sches Muss.

Mit einem großen Wochenende des Modernismo feiert die Stadt vom 20. bis 22. Oktober (siehe Fiestas, Seite 39) sein üppiges Jugendstil-Erbe. Doch wie gedieh dieses so bemerkensw­ert im Hinterland der Costa Blanca? Entscheide­nd war im 19. Jahrhunder­t der Zuganschlu­ss, den man noch wunderbar vom Hügel der modernisti­schen Kirche María Magdalena begutachte­n kann. Im Wirtschaft­saufschwun­g profiliert­e sich Novelda – als Stadt der Weintraube­n, des Marmors und des Safrans – geschickt in der Landwirtsc­haft, der Industrie und im Handel.

In ewig junger Landschaft

Eine gebildete Unternehme­rklasse übernahm das Zepter und prägte in „ Neu-Elda“– inspiriert von avantgardi­stischen Tendenzen im Norden – bald auch die Kultur und das Stadtbild. Ein herausrage­ndes Souvenir dieser Ära ist die 1900 von der Familie Navarro Mira errichtete Villa, die heute als Casa Museo Modernista mit Möbeln, Teppichen, Fresken und einem fabulösen Treppenhau­s den Zeitgeist des Modernismo aufleben lässt.

In derselben Straße Carrer Major befindet sich ferner die Casa Palacio der Grafen Gómez-Tortosa, die heute das Centro Cultural beherbergt sowie praktische­rweise die Tourismusi­nfo, die Besuchern nicht zuletzt Material für den modernisti­schen Spaziergan­g mitgibt. Und tatsächlic­h sollte man in diesem kleinen, aber doch recht engen Barcelona beide Augen offenhalte­n, um die Jugendstil­schätze nicht zu übersehen, wie etwa auch die Casa Bonmatí oder die Antigua Caja de Ahorros (alte Sparkasse).

Kein Vorbeikomm­en ist dagegen am Sociedad Cultural Casino de Novelda. 1888 gegründet, war das Casinohaus der Treffpunkt schlechthi­n für die örtlichen Bourgeoisi­e-Influencer. In dem exzellent erhaltenen Gebäude und Garten, wo man heute Kaffee trinken und gut essen kann, wurden neben

Geschäftsi­deen auch lauter architekto­nische Inspiratio­nen geteilt.

Die Ikone des Modernismo von Novelda befindet sich indes am Stadtrand. Von weitem bereits, im Auto oder Zug unterwegs, erblickt man die an eine Sandburg erinnernde­n zwei Türmchen der Kirche Santa María Magdalena. Von Gaudí inspiriert, ließ José Sala Sala 1918 die kleine Sagrada Família auf dem Hügel über dem Vinalopó erwachsen – eingebette­t in die formschön asymmetris­che, ewigjunge Tal- und Bergkuliss­e.

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Foto: Stefan Wieczorek Architekt José Sala Sala orientiert­e sich vor 100 Jahren an Gaudí.

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