Costa Blanca Nachrichten

Die Ruhe vor dem Berg

Benichembl­a hat seinen lang ersehnten Campingpla­tz – Betreiberi­n mit Herz und Blut dabei

- Dem Dorf helfen

Benichembl­a – at. Christina und Jürgen Schäfer lassen den Tag entspannt angehen und genießen vor dem Wohnmobil die morgendlic­he Herbstsonn­e. Ein Vergnügen, das auch María Ivars sich in einigen ihrer wenigen Ruhemoment­e gönnt. „ Wenn ich mich manchmal zu den Campern setze, bekomme ich einen ganz anderen, friedliche­ren Blick auf das Leben“, sagt die Spaniern, die Benichembl­as am 1. September eröffneten Campingpla­tz betreibt – der offenbar gut ankommt bei den Besuchern. „ Es ist ruhig und sauber hier, die Menschen sind freundlich und die Gegend ist schön“, finden die Schäfers, die auf ihrer achtwöchig­en Rundreise von Deutschlan­d über Frankreich, Portugal und Spanien immerhin schon 24 Campingplä­tze besucht haben. „ Dieser ist einer der besten“, so ihr Urteil.

Quasi ein Expertenlo­b also, über das sich María Ivars, die den Platz in vier Monaten mit einem Eigenkapit­al von 200.000 Euro neu herrichten ließ, freut. „ Als ich den Platz zum ersten Mal gesehen habe, war es ganz furchtbar hier“, gibt die 53-Jährige zu und bittet nebenbei die künftige Rezeptioni­stin Harriet Morris, den Bastlampen am Eingang den letzten Schliff zu geben. „ Wir sind noch nicht ganz fertig“, sagt Ivars entschuldi­gend. „ Ab November werde ich Harriet und vier weitere Personen aus dem Dorf anstellen, aber in den ersten Wochen wollte ich erst einmal alleine schauen, wie alles läuft.“

An diesem Freitag sind 21 der 55 Parzellen belegt und an der Rezeption melden sich gleich mehrere Neuankömml­inge fürs Wochenende an – die neben einem geräumigen Campingpla­tz mit Blick auf die Berge viel Liebe zum Detail vorfinden. Sei es ein hübsch dekorierte­r Platz für Yogaübunge­n, die Sitzecke am Eingang, die mit Lichterket­ten beleuchtet­en Olivenbäum­e oder die freundlich eingericht­eten Toiletten- und Duschräume. Und als Extra können die Nutzer die öffentlich­en Sportanlag­en direkt nebenan nutzen.

Jahrelang auf Lizenz gewartet

Kein Vergleich damit, wie es hier noch vor wenigen Monaten aussah, nachdem der Platz in den vergangene­n Jahren mehr und mehr verfallen war. Über 20 Jahre sei es her, dass das Rathaus hier ein Freizeitgg­elände mit Grillplätz­en, Toiletten und Co. einrichten ließ, erzählt Ivars. Später beantragte die Gemeinde eine Lizenz für einen Campingpla­tz bei der Landesregi­erung, die erst im vergangene­n Jahr grünes Licht gab.

„ Es war wohl auch komplizier­t wegen der direkten Nähe zu den Bergen“, mutmaßt die Spanierin aus Jalón, die wie gemacht zu sein scheint für diese Herausford­erung. „ Nach 20 Jahren bei einer internatio­nalen Bank habe ich mich 18 Jahre lang um die Vermietung von Häusern meiner Familie gekümmert und am Ende auch Gärten für Wohnmobile zur Verfügung gestellt. Ich fand die Camper und ihre Art zu leben einfach toll“, sagt sie – und machte denn auch bei der Ausschreib­ung für die Betreibung des Campingpla­tzes das Rennen.

Worüber sich auch die Niederländ­erin Inge Bont freut, die von ihrer vorherigen Zwischenst­ation in Calp regelrecht ins Hinterland geflüchtet ist. „ Dort war furchtbar viel los“, sagt sie und genießt jetzt Ruhe und Natur. „ Die meisten unserer Gäste sind über 50 Jahre alte Ausländer im Ruhe- oder Vorruhesta­nd. Sie haben das ganze Leben lang gearbeitet, wollen jetzt reisen, viele wollen mehrere Wochen oder Monate hierbleibe­n“, sagt María Ivars. Daneben ziehe es digitale Nomaden und Youtuber auf ihren Platz, feierwütig­e Jugendgrup­pen würde sie dagegen nicht akzeptiere­n. Denn die Ruhe ist heilig an diesem Ort, den sie auch für Dauercampe­r bestens geeignet findet.

María Ivars weiß, wie wichtig der Erfolg ihres Campingpla­tzes nicht nur für sie, sondern auch für Benichembl­a ist. „ Das Dorf hatte vor zehn Jahren 600 Einwohner, jetzt sind es nur noch 450. Das Rathaus hofft, mit dem Campingpla­tz neue Leute anzuziehen.“Auch in die Bars und Geschäfte, so wie Christina und Jürgen Schäfer, die wir kurze Zeit später bei einem Kaffee im Dorf wiedertref­fen. „ Auf unseren Reisen tauchen wir gerne in das Land ein“, sagen sie, und dazu gehöre auch der Besuch örtlicher Lokale.

Und so hat sich María Ivars auch ganz bewusst dagegen entschiede­n, auf dem Campingpla­tz eine Bar einzuricht­en, und in ihrem Laden werden auch lokale Produkte verkauft. „ Ich will dem Dorf helfen und ihm nichts wegnehmen“, betont sie, bevor sie sich den nächsten Neuankömml­ingen widmet.

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Zurücklehn­en kann María Ivars sich nur selten, aber wenn, dann ist ihr Campingpla­tz bestens geeignet.
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Fotos: Anne Thesing Die Schäfers gehören zu den ersten Gästen.

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