Mit eingefahrenen Krallen
Deutsche wollen rätselhaftes Katzensterben in San Miguel mit Umsicht aufklären
San Miguel – sw. Wenn es um das Leben geht, und sei es tierisches, liegen leicht die Nerven blank. Gerade heute, wo sich die Gemüter auch schon bei eher Nebensächlichem so aufheizen. Ein Aufreger an der Costa Blanca trägt den Namen einer Tierart: Katzen. Rasch sehen ihre Unterstützer und ihre Kritiker einander als fiese Gegenspieler – und werfen dem jeweils Anderen, auch mittels feuriger Kampagnen über Whatsapp und so weiter, böse Dinge vor. Aber es geht auch anders. Dies zeigen deutsche Tierfreunde aus San Miguel, die selbst im Angesicht eines rätselhaften Katzen-Sterbens auf eine umsichtige Klärung setzen.
Dass es einen Grund zum Zorn gibt, erscheint zunächst wahrscheinlich. „ 13 oder 14 Katzen einer Kolonie von 40 waren tot. Ganz plötzlich“, berichtet Tierschützerin Rita Brück über die grausige Entdeckung. Äußerlich habe man den toten Vierbeinern nichts angemerkt, keine Verletzung, keine Krankheit. „ Theoretisch könnte es ein Virus sein, aber dann wären wohl mehr Katzen daran gestorben“, erklärt die Deutsche. Bei Katzenschnupfen hätte es Symptome an den Augen geben müssen. Der böse Verdacht liege also nahe: Gift.
Mit Lizenz des Rathauses
Noch nicht so lange ist es her, dass die Gruppe der aus Deutschland und Benelux stammenden Tierschützer an einer Neubauten-Siedlung am Ortsrand auf die Kolonie gestoßen war. Prompt machten sich die Volontäre ans Kastrieren, um die Ausbreitung der – wohl durch Essensreste in Müllcontainern angelockten – Katzen zu stoppen. Zum Großteil handelte es sich um Frühkastraten von etwa fünf Monaten, erklärt die Katzenfreundin. Doch kaum war die Kolonie unter Kontrolle, folgte der schwere Schlag.
„ Auf einmal kamen nicht mehr so viele Katzen. Und es lag anderes Futter da“, berichtet Brück. „ Wir legten Zettel hin und baten darum, dies nicht zu tun“. Der Hintergrund: Die Gruppe, in der sich die Deutschen engagieren, agiert mit Lizenz des Rathauses. Ihre Aktivitäten – darunter auch das Aufstellen schicker KatzenHäuschen – sind anerkannt, da sie im Ort helfen, die Kolonien unter Kontrolle zu halten. Ansonsten käme es leicht dazu, dass die Tiere sich „ raketenartig vermehren“.
Doch sehen das nicht alle Einwohner so. Just in der neuen Siedlung ernteten die Schützer zuletzt Anfeindungen, seien „ beschimpft und angespuckt“, und sogar ein Auto zerkratzt worden. Ein Nordeuropäer habe den Helfern auf wüste Art vorgeworfen, Katzen in seinen Garten zu treiben und ihn damit zu verdrecken. Brücks Ansicht: „ Sie glauben doch nicht, dass die Tiere bei dem vielen freien Raum drumrum auf fremde Grundstücke gehen.“
Autopsie abwarten
Diese Vorgeschichte stärkt natürlich den Verdacht, dass gegen die Katzen mit Gift agiert worden sein könnte. Und prompt geht im Salinengebiet seitens besorgten Bürgern ein Alarm um, dass es im Raum Torrevieja zu einer neuen toxischen Offensive gegen Katzen gekommen sei. An verschiedenen Punkten lägen tote Tiere herum. So sei ihr das nicht bekannt, entgegnet die mit dem Katzenleben in Torrevieja sehr bewanderte Brück.
Im Fall der toten Katzen aus San Miguel pochen die Tierschützer auf fachliche Klärung. Zwei tote Tiere brachten sie in eine Klinik in Almoradí, um sie – auf eigene Kosten – einer Autopsie zu unterziehen. Die Ergebnisse seien im November da. Aus der Ruhe bringen lassen wollen Brück und Co. sich nicht. „ Beschimpft werde ich auch in San Luis, wo ich vier Kolonien versorge, dauernd“, erzählt die Deutsche. Ihre Reaktion? „ Ich sage nichts, drehe mich um und mache mein Ding.“