Rehabilitierung im Atlas
Junge Umweltschützer aus Spanien, Italien und Marokko suchen in Nordafrika Spuren der Streifenhyäne
Man muss bloß mal ihr diabolisches Lachen gehört haben. Oder zumindest „ König der Löwen“ansehen. Dann weiß man schon, um welche Schurken der Natur, die nur Gräuel anrichten, man einen großen Bogen macht. Wenn Hyänen – von diesen Bösewichten ist die Rede – von der Bildfläche verschwänden, wäre es vielleicht sogar nicht ganz so schlimm, zumindest im Vergleich zu anderen bedrohten Arten. Schließlich könnten all die anderen ehrenwerten, fröhlichen oder flatternden Simbas, Timons und Zazus in Afrikas Savannen aufatmen.
Stopp! Hyänen seien sehr wohl wertvolle und schützenswerte Wesen. Das meinen Tierschützer von der Costa Blanca, und zwar so ernst, dass sie im Oktober extra in Marokkos Atlasgebirge reisten, um mit einem ganzen Paket an Maßnahmen für die regionalen Hyänen einzustehen. „ Operación Hyaena“lautet der Name der Mission, die die Asociación Faunatura aus Spanien zusammen mit den Universitäten Udine (Italien) und Abdelmalek Essaâdi (Marokko) leistet – für eine Hyänenart, die gar nicht lacht.
Ja, die Streifenhyäne (Hyaena hyaena) ist unter den vier noch lebenden Hyänentypen eine echte Besonderheit – und der mit Abstand am wenigsten erforschte. Teils rätselhafte Widersprüche stellten Forscher an der Art fest, die sich von Nord- und Westafrika über den Nahen Osten bis nach Pakistan und Indien am liebsten in felsig-trockenen Berglandschaften oder buschigen Savannen tummelt. In der Provinz Beni Melal im Mittleren Atlas war das vergleichsweise wenig menschenscheue Tier vor Jahrzehnten ein vielgesehener Bewohner.
Vor 30 Jahren noch ging man von bis zu 500 Exemplaren im marokkanischen Gebirge aus. Bis ihr Menschen zusehends auf die Pelle rückten, ihre Habitate zerteilten oder gänzlich zerstörten. In dramatischer Rekordzeit ward die Hyaena zunächst selten, dann eigentlich gar nicht mehr gesehen. Bis 2022, als Wilderer just in einer Gegend von Beni Melal eine Streifenhyäne erlegten. Die Nachricht schoss vor allem im Mittelmeerraum durch Netzwerke von Naturschützern.
Denn laut Internationaler Union zur Bewahrung der Natur (IUCN) gilt das sich weltweit auf der Vorstufe der gefährdeten Arten befindende Tier im mediterranen Raum als am bedrohtesten. Junge Naturschützer aus Spanien, Italien und Marokko taten sich daraufhin zusammen, um die Spur der letzten Streifenhyänen im Atlas zu verfolgen – und letzteren möglichst wieder in ihre Heimat zu verwandeln. Eine Initiative der Universitätsforscherin für Biologie, Nard Bennas, und der marokkanischen Nationalen Agentur für Wasser und Wälder (Anef) machte die MittelmeerOperation für die Hyaena möglich.
Wichtige Drecksarbeit
Eine Woche lang weilten Faunatura und Co. gemeinsam vor Ort – auf der Jagd nach Nachweisen für die Präsenz der Streifenhyäne. Pfade und Habitats wurden erforscht, Fotofallen installiert – und auch Bewohner der Gebirgslandschaft interviewt. Der Austausch mit den Einheimischen war ein fundamentales Ziel der Expedition. Zwecks Sensibilisierungskampagnen und Umweltbildung besuchte das Team die ländlichen Orte, um das Interesse am Tier zu wecken.
Und zwar nicht nur an der einen Art, sondern an der Fauna der Gegend überhaupt – wobei die so emblematische Streifenhyäne sich besonders gut als Ikone dieser Initiative eigne, wie Faunatura erklärt. Im Rahmen des Projekts, das noch mehrere Besuche der mediterranen Umweltschützer vorsieht, soll unter den Menschen ein neues Bild von den berüchtigten Jägern entstehen, und dadurch ein neuer Blick auf die Natur überhaupt.
Eine wichtige Rolle spielen Hyänen nämlich im Ökosystem, allem voran in ihrer Rolle als Aasfresser. Indem sie in Windeseile Reste toter Tiere entfernen, tun sie eine wichtige Drecksarbeit für die anderen tierischen und auch menschlichen Bewohner ihrer Gegend, da sie Krankheiten und Seuchen, die sich durch herumliegende Kadaver verbreiten und etwa Nutztiere befallen können, stoppen.
Darauf pocht Faunatura, welches auch an der Costa Blanca immer wieder zum Umdenken in Sachen Umwelt wirbt. Im Sommer 2023 etwa war das Kollektiv aus der Vega Baja, das derzeit zehn Forscher aus ganz Spanien vereint, besonders in der Sensibilisierung für die zuletzt häufig nistenden Unechten Karettschildkröten aktiv.
Fundamentale Begegnungen
Vor allem auf junge Menschen zielen die Umweltfreunde auch mit ihrer hyänenfreundlichen Botschaft ab. Mit Maltafeln und Spielfiguren luden sie Kinder des marokkanischen Atlasgebirges zur angenehmen Begegnung mit der gestreiften Spezies ein. Erinnerungen aus dem Kindesalter – das betont Faunatura – seien entscheidend für das, was man später, vielleicht sogar ein Leben lang, denkt und tut.