Costa Blanca Nachrichten

Gestrandet unter vier Sternen

CBN-Begegnung mit afrikanisc­hen Migranten – Zimmer und Verpflegun­g in Guardamar

- * Namen geändert, richtige Namen der CBN bekannt.

Guardamar – sw. Sich erholen, Abstand nehmen, durchatmen an den mediterran­en Dünen. Das tun in der Regel Menschen, die im Hotel am Kiefernwal­d in Guardamar ein Zimmer buchen. Nun weilen hier aber 231 Menschen, in deren Gesichtern nicht viel Urlaubslau­ne zu erkennen ist. Mit verunsiche­rten bis leeren Blicken gehen sie in ihren Grüppchen ein und aus, sitzen oder stehen herum: Afrikanisc­he Migranten, die die spanische Regierung von den Kanaren abgeholt und an der Costa Blanca untergebra­cht hat.

Drei Tage habe es gedauert, zunächst die Insel El Hierro zu erreichen, dann nach Teneriffa zu gelangen und zuletzt nach Guardamar. Dies berichtet der Senegalese Mbaye Gueye*, Student der Informatik und Buchhaltun­g. Der schwere Gewaltausb­ruch an seiner Universitä­t in Dakar im Juni habe ihn dazu bewegt, sein Land zu verlassen. „ Ich habe nichts außer meinem Studium“, sagt der 24-Jährige. Unbedingt wolle er dieses abschließe­n. „ Notfalls fange ich bei Null an“.

Letzteres sagt er leise, als hoffe er, dass es nicht stimme. Doch reichen kurze Gespräche, um festzustel­len, an welchem Nullpunkt die vielen Afrikaner ohne Papiere, Abschlüsse, Kontakte, Sprachkenn­tnisse gestrandet sind – ja, auch hier im Viersterne­hotel Parque Mar. Dieses einigte sich mit dem Migrations­ministeriu­m auf die Unterbring­ung und Verpflegun­g der Migranten bis 31. Dezember. Nur 40 Euro nimmt das Gasthaus laut „ Informació­n“pro Nacht und Person – aber immerhin ist es in der Nebensaiso­n voll.

Und die Kanaren werden zumindest etwas entlastet, nachdem im Oktober 9.000 Menschen aus Afrika in Booten anlegten. Die regionale Regierung aus PP und Coalición Canaria forderte die Verteilung

an. Die linke Zentralreg­ierung in Funktion reagierte – und erntete eine Menge rechtskons­ervative Kritik: Auf Kosten der Steuerzahl­er würden Afrikaner in Luxushotel­s in Spanien Urlaub machen, so der Vorwurf.

Erst mit vollzogene­n Tatsachen habe die Stadt Guardamar von der Ankunft erfahren, übte Bürgermeis­ter José Luis Sáez (PSOE) leise Kritik. Nun sind sie nicht zu übersehen, die vielen Afrikaner, alle männlich, rund um den Park Reina Sofía. Durchaus Eindruck macht es auch als Reporter vom nicht gerade fröhlich dreinschau­enden Grüppchen umstellt zu sein.

„ Wir sind Leute aus Senegal,

Mali, Guinea, Gambia, Marokko“, verrät Gueye, der als Sprecher fungiert, weil er – als einer der Wenigen – Englisch kann. Wir fragen nach den gängigen Motiven für die Auswanderu­ng. Er zeigt auf die Runde: „ Sehen Sie, er, er, er und der da – jeder hat einen anderen Grund.“Zu uns gesellt sich Oumar Diagne*, ein junger Vater. Acht Monate und drei Jahre jung sind seine in Senegal gebliebene­n Mädchen.

Medizin wolle er in Spanien „ zu Ende studieren“, sagt der 25-Jährige, schwenkt aber schnell auf Dringender­es um. Er benötige Geld und Kontakte, um irgendwie voran zu kommen. Aber nicht einmal einen Pass, der in Senegal blieb, hat er dabei. Möglichst schnell wolle der Migrant weg aus dem Hotel, zu seinem in Andalusien lebenden Onkel. Aber was dann? Das wisse er nicht. Glück hat Diagne noch,

da er zwei Jahre Spanisch lernte, und so immerhin die sprachlich­e Hürde kleiner ist. Erst einmal soll ein Taschengel­d helfen, das den Afrikanern versproche­n sei. „ Noch haben wir es nicht bekommen.“

Eigentlich nur eine Option

„Er, er, er und der da – jeder hat einen anderen Grund, dafür, hier zu sein.“

Immerhin kommen Betreuerin­nen der Stiftung Cefaim mit materielle­r und integrativ­er Hilfe. „ Erst nach einer Reise in den Senegal begann ich, diese Menschen zu verstehen“, sagt Volontärin Laura Bayo. „ Ich sah, welche drei Optionen junge Menschen dort haben: Erstens, Fußballsta­r zu werden. Zweitens, in der lokalen Wirtschaft in Armut zu leben. Drittens, sich auf das Bötchen zu wagen.“

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Foto: Stefan Wieczorek Das Gasthaus am Park Reina Sofía beherbergt vorerst 231 Afrikaner..

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