Sonnencreme wird zum Öko-Killer
Wissenschaftliche Studie: Mehr giftige Sonnenschutzmittel im Mar Menor, dafür weniger Arzneimittel
San Pedro del Pinatar – sg. Was schwimmt denn da auf dem Mar Menor? Die Antwort dürfte wohl niemanden mehr überraschen: Jede Menge Plastik. Wissenschaftler des Ozeanographischen Instituts in San Pedro del Pinatar und Murcia (IEO-CSIC) haben in Zusammenarbeit mit Kollegen aus Katalonien und A Coruña das Mar Menor als eines der bedeutendsten ökologischen Systeme Spaniens unter die Lupe genommen. Im Sommer und Winter suchten sie die Wasseroberfläche nach Plastik ab und analysierten die Verteilung und Zusammensetzung der Schadstoffe.
Nun liegen die Ergebnisse vor. Die Forscher wiesen insgesamt 63 verschiedene gesundheitsschädliche Stoffe nach, darunter Kunststoffzusätze, Pestizide, Bestandteile von Sonnenschutzmitteln und Körpercremes sowie synthetische Duftstoffe wie Moschus.
Hormonsystem durcheinander
Bemerkenswert ist, dass die drei am häufigsten vorkommenden Schadstoffe aus Sonnencremes stammen. Dabei handelt es sich um so genannte endokrine Disruptoren, das sind Stoffe, die, wenn sie in den Körper gelangen, das Hormonsystem verändern und zur Entstehung von Krebs, Diabetes oder Unfruchtbarkeit beitragen
können. Vor allem im Sommer würden diese Substanzen aus den Sonnencremes Konzentrationen erreichen, die auch für Meeresbewohner gefährlich werden könnten, so der Forschungsbericht.
„ Diese Substanzen sind nicht nur in Sonnencremes und Kosmetika enthalten, die wir immer häufiger verwenden, sondern auch in vielen anderen Kunststoffen“, erklärte María del Mar García Pi
mentel, Wissenschaftlerin am IEOCSIC. Diese Kunststoffabfälle haben die Fähigkeit, andere organische Schadstoffe aus dem Meerwasser aufzunehmen. An ihnen können bis zu 91 verschiedene Schadstoffe haften, wie die Wissenschaftler herausfanden, darunter Arzneimittel und polycyclische aromatische Kohlenwasserstoffe, kurz PAK, von denen einige als eindeutig krebserzeugend gelten.
Der Plastikmüll hat unterschiedliche Herkünfte. Meist stammt er aus städtischen und landwirtschaftlichen Abfällen. „ Deshalb ist es so wichtig, den Müll nicht nur wiederzuverwerten, sondern auch zu vermeiden, dass er in die Umwelt gelangt“, so Wissenschaftlerin García.
Weniger Arzneimittel
Weitaus erfreulicher fiel eine zweite Studie des IOE-CSIC im Mar Menor aus, die kürzlich in der Fachzeitschrift „ Environmental Research“veröffentlicht wurde. Demnach hat die verbesserte Aufbereitung von Abwasser positive Effekte gezeigt. Die Mengen an Arzneimitteln im Wasser und im Sediment des Mar Menor sind seit 2010 deutlich zurückgegangen. Dennoch finden Medikamente für Menschen und Tiere ihren Weg in die Lagune, wie die Konzentrationen in einigen Meeresbewohnern belegen. So sind Meeräschen, Schnecken und Herzmuscheln noch immer belastet mit Schmerzmitteln, Entzündungshemmern, Psychopharmaka und Cholesterinsenkern.
Die Wissenschaftler stellten fest, dass nach Unwettern mit Starkregen die Konzentration an Arzneimitteln im Mar Menor, insbesondere von Antibiotka, erheblich ansteigt.