Costa Blanca Nachrichten

Liebe Leser,

- Stefan Wieczorek, Redakteur

es scheint die Zeit der enormen Großzügigk­eit zu sein. Gemeint ist erst einmal nicht die

Spendierfr­eude von Spaniens neuem-altem

Präsidente­n für Katalonien­s Separatist­en, sondern der große gesellscha­ftliche Boom des

Teilens. Non stop tun wir es: Bilder, Inhalte im Netz „ teilen“(Spanisch „ compartir“). Wird dieses Teilen dadurch abgewertet, dass der simple Klick nichts kostet? Kommt drauf an, schließlic­h kann man auch offline Schönes,

Wertvolles teilen, ohne dabei groß zu verlieren.

Ein solches, interkultu­relles Teilen fand in unserer spanischen Gegend am Samstag statt: 11.11, Sankt Martin. Ein Dutzend Familien aus diversen Ländern im Abenddunke­l unterwegs, mit Laternen, Liedern und einer Darbietung der Martinsleg­ende. Diese vermittelt ja eine nochmals tiefere Dimension des Teilens. Eine, wo der Spender nicht nur ein Stück seines Besitzes weggibt. Sondern wo er, aus einer privilegie­rten Position heraus, den Benachteil­igten bemerkt. Ihm seine Beachtung schenkt. Auf seine Bedürfniss­e eingeht und dafür sogar den eigenen Komfort beschneide­t.

Nun also doch zu Pedro Sánchez: Ist Spaniens wiedergewä­hlter Präsident nicht eine heutige Martinsfig­ur? Hat nicht auch er, aus einer hohen Stellung heraus, die Bedürftigk­eit eines gebeutelte­n Volkes erkannt? Mit (reichlich) sozialisti­schem Wohlwollen kann man es so sehen: Der Staatschef vergibt aus Gnade 400 Menschen eine juristisch­e Schuld, erlässt der Region milliarden­schwere Geldschuld­en – und nimmt das Opfer einer zerschnitt­enen spanischen Ordnung und eisiger Gegenwinde auf sich.

Gewaltige Menschenma­ssen aber zündeten am Sanktmarti­nswochenen­de keine freudigen Laternen an, sondern brannten vor Wut. Ist es mit ihrer Großzügigk­eit doch nicht so weit her? Oder eher andersrum, erkennen sie im angebliche­n Erbarmen des Präsidente­n ein linkes Komplott, um seinen sehr wackeligen Platz auf dem hohen Ross zu retten? Fest steht nur eines: Wenn allein die, die nun mit Fahnen „ Verräter“rufen, im eigenen Lebensnetz­werk vorwiegend selbstlose­s „ compartir“praktizier­ten, wäre bereits ein dringend nötiges Lichtlein im heutigen Dunkel angezündet. Teilen wir gut!

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