Seltener Besuch in Benidorm
Erschöpfter Mönchsgeier landet mitten im Zentrum – Hochhäuser sind beliebte Nistplätze
Benidorm – fin. Ein ganz besonderer „ Tourist“hat Benidorm einen Besuch abgestattet: Am 27. Oktober landete ein Mönchsgeier (Aegypius monachus) mitten im Zentrum auf der belebten Straße Emilio Ortuño zwischen Hotels, Restaurants und Geschäften. Ein absolut seltener Besuch, in der Gegend sind keine Kolonien der riesigen Vögel bekannt.
Der Geier löste mit seiner Notlandung gleich einen Polizeieinsatz aus: Die überraschten Augenzeugen verständigten National- und Ortspolizei, die ihrerseits das Umweltamt der Stadt einschalteten, das wiederum den Dienstleister kontaktierte, der in Benidorm für alle Arten von Tieren zuständig ist – normalerweise Straßenkatzen, Möwen oder Tauben. Immerhin ist ein Mönchsgeier keine kleine Angelegenheit: Es handelt sich um die größte Geier-Art in Europa, ausgewachsene Tiere können bis zu zwölf Kilogramm auf die Waage bringen und auf eine Flügelspannweite von knapp drei Metern kommen.
Geier kam wohl aus Mallorca
Die verständigte Firma jedenfalls konnte das Jungtier in Benidorm einfangen, versorgte den erschöpften Vogel zunächst selbst und brachte ihn dann nach Alicante ins Auffangzentrum für Wildtiere in Santa Faz. Von dort kam nun die Nachricht, dass sich der junge Mönchsgeier gut erholt und wieder in die Freiheit entlassen werden kann, sobald er fit dafür ist.
Woher der riesige Vogel kommt, ist unterdessen unbekannt, das Tier war nicht beringt. Benidorms Umweltstadträtin Mónica Gómez vermutet, dass der Geier von Mallorca aus an die Costa
Blanca geflogen ist: In der Serra de Tramuntana befindet sich die einzige Insel-Population von Mönchsgeiern. Überhaupt sind Mönchsgeier seltene Besucher: Sie gelten als potenziell gefährdet, in Europa kommt diese Art nur noch auf der Iberischen Halbinsel, den Balearen und auf dem Balkan vor.
Durch die vielen Hochhäuser ist Benidorm übrigens auch bei anderen Vögeln beliebt: Mauersegler, Rauchschwalben und Mehlschwalben nutzen die Wolkenkratzer gerne als Nistplätze. „ Wir haben sogar ein paar TurmfalkenPaare, die regelmäßig auf den hohen Gebäuden nisten“, weiß Gómez. Auch auf der Insel lassen sich gerne besondere Vögel nieder, darunter einer der kleinsten Wasservögel der Welt, der Sturmwellenläufer, oder das schnellste Tier der Welt, der Wanderfalke, der Spitzengeschwindigkeiten über 300 Kilometer pro Stunde schafft. Eine Tierwelt, die man so in Benidorm vielleicht nicht erwarten würde.
Doch zurück zum Mönchsgeier: In der Region Valencia sind keine Kolonien dieser Art bekannt, auch wenn es hin und wieder Sichtungen einzelner Exemplare im Naturpark Tinença de Benifassà (Provinz Castellón) oder bei Requena (Valencia) gab. Wohl aber leben Gänsegeier im Hinterland der Costa Blanca im Naturpark Sierra de Mariola. Dort will man den Mönchsgeier aus Benidorm nach seiner Genesung wieder freilassen.
Dafür wird der riesige Vogel – natürlich beringt – nach Alcoy gebracht. Im dortigen Barranc del Cint werden in einem ehemaligen Steinbruch seit 2000 wieder Gänsegeier angesiedelt, heute leben rund 80 Geier in der Sierra de Mariola, zuvor war der Gänsegeier komplett aus der Gegend verschwunden. Der Mönchsgeier aus Benidorm soll in Alcoy selbst entscheiden, wohin die Reise weitergeht: Zurück übers Meer nach Mallorca oder übers Festland Richtung Norden zu seinen Artgenossen.
Schnelle, kleine und große Vögel: Benidorm ist als Nistplatz beliebt