Hinter den Fassaden
Statistiken, Szenen, Didaktik und Unterhaltung: Calp will zum Tag der Gewalt gegen Frauen aufrütteln
Calp – bel. „ Wir wollen darauf aufmerksam machen, dass die Gewalt gegen Frauen immer noch existiert, denn vor allem jüngere Generationen tendieren zur Leugnung. Sie glauben, das Thema gehöre der Vergangenheit an, doch leider ist das längst nicht der Fall“, sagt Calps Stadträtin für Gleichstellung, Itziar Doval, und zeigt auf eins der Schilder, die im Rahmen einer kleinen temporären Ausstellung anlässlich des Internationalen Tags gegen Gewalt an Frauen an verschiedenen Altstadthäusern angebracht wurden. Laut Statistiken glauben 20 Prozent der Jugendlichen, dass es Häusliche Gewalt heute nicht mehr gibt, sondern sie vielmehr eine ideologische Erfindung sei, erfährt man dabei zum Beispiel.
Diesem Irrglauben wollte das Rathaus in den vergangenen zwei Wochen mit einem didaktischen und unterhaltsamen Aktivitätenprogramm entgegenhalten, mit lehrreichen bis zu unterhaltsamen Veranstaltungen, von Reden über Theaterstücke bis Comedy. „ Durch Humor und eine zielgruppenspezifische Sprache wollten wir verschiedene Altersgruppen und Sozialschichten erreichen und ihnen Anzeichen der geschlechtsspezifischen Gewalt aufzeigen. Viele davon sind sozial akzeptiert und werden erst gar nicht als solche identifiziert“, schildert Doval, der vor allem die Jugendlichen Sorgen machen. „ Die meisten haben den ersten Kontakt mit der Sexualität über das Internet, denn oftmals wird zu Hause nicht darüber gesprochen. Junge Männer bekommen durch Pornografie ein völliges falsches Bild davon, wie sie mit Frauen auf sexueller Ebene interagieren sollen“, sagt sie.
Die Ausstellung „ De puertas para adentro“– hinter verschlossenen Türen – in den Gassen der Altstadt soll zum Denken anregen, aufrütteln und das Bewusstsein schärfen. Neben den violetten Tafeln mit statistischen Angaben zur Häuslichen Gewalt besteht sie aus zehn an den Häusern angebrachten Fenstern, in denen jeweils Szenen von Häuslicher Gewalt angedeutet werden. So zum Beispiel eine Frau hinter einem Vorhang, die angeschrien wird, oder die Silhouette einer weinenden Frau. „ Es fängt mit Kleinigkeiten an, Geschrei, strafendes Schweigen, eine demütigende Aussage vor Freunden oder Familie, ein Verhalten, das sich schnell weiterentwickeln und ausufern kann“, sagt Doval.
Der traurige Beweis für die Existenz von Gewalt gegen Frauen sind die 53 Todesopfer in diesem Jahr in Spanien. Doch dies ist bloß die Spitze des Eisbergs. 40 dieser 53 Frauen hatten nicht einmal Anzeige erstattet. Die Dunkelziffer ist groß, fehlen doch den meisten Betroffenen Mut und Kraft, um sich zu wehren. „ Wir haben viel positive Rückmeldungen auf unser Programm zum Tag der Gewalt gegen Frauen bekommen“sagt Doval, weiß aber auch: „ Wir haben noch viel Arbeit vor uns.“
20 Prozent der Jugendlichen glauben, dass Häusliche Gewalt nicht existiert