Bagger gegen Bäume
Arbeiten in La Nucías Serreta-Baugebiet schreiten voran – Umweltaktivisten suchen Gegenargumente
La Nucía – fin. La Nucía wird in ein paar Jahren nicht wiederzuerkennen sein – zumindest nicht das Gebiet hinter der Sportstadt. Wo bis vor kurzem ein Kiefernwald stand und teilweise noch steht, wird seit Monaten gebuddelt, gebaggert, geebnet: Nach rund 20 Jahren Hin- und Herschieberei über verschiedene Schreibtische wird der riesige Bebauungsplan PAI La Serreta Realität.
Bürgermeister Bernabé Cano (PP) verspricht „ viele Arbeitsplätze für unsere Bürger“und nannte jüngst ein paar Namen bekannter Ketten, die sich in einem der drei immensen Bereiche ansiedeln wollen, die für Shopping und Co. vorgesehen sind: Consum, Burger King, Aldi, Tedi, Sprinter. Den größten dieser drei Einkaufszonen gegenüber der Plenoil-Tankstelle hat sich übrigens der deutsche Projektentwickler Activ-Group gesichert. Auf 25.300 Quadratmetern sollen mindestens zehn Geschäfte und ein Supermarkt Platz finden.
Des Weiteren sind in dem 180 Hektar großen Baugebiet wie berichtet auch 3.500 neue Wohnungen für bis zu 12.000 künftige Nachbarn der bisherigen 19.000 Einwohner La Nucías geplant. Kurz vor der Kommunalwahl im Mai regte sich heftiger Protest gegen die Bauarbeiten (CBN berichtete), Umweltaktivisten gründeten den Verein Agró, organisierten eine gut besuchte Demo, sammelten Unterschriften.
Gegenargument zerstört?
Seitdem war es bis auf ein paar euphorische Posts von Bürgermeister Cano auf Sozialen Netzwerken still geworden um das Baugebiet, während die Bagger Stück für Stück vordringen – und damit auch so ziemlich das einzige handfeste Gegenargument der Umweltaktivisten zerpflücken: Die endemische Pflanze Teucrium lepicephalum. „ Bei den bisherigen Arbeiten sind mit Sicherheit schon Exemplare vernichtet worden“, ist Javier Asensi von Agró überzeugt.
Die Pflanze wächst nur noch an drei Standorten weltweit – einer davon ist das Serreta-Gebiet in La
Nucía. Die vorherige linke Landesregierung hatte deshalb im Frühling eine Untersuchung gestartet, wurde aber kurz darauf abgewählt, jetzt hat in Valencia Canos Parteifreund Carlos Mazón das Sagen. „ Seit dem Regierungswechsel haben wir nichts mehr davon gehört“, sagt Asensi.
Die Argumente von Wachstum, neuem Wohnraum und einem „ ungepflegten Kiefernhain, der eine mögliche Brandgefahr darstellt“, mit denen die lokale PP den PAI seinerzeit verteidigt hatte, lässt der Umweltschützer unterdessen nicht gelten. „ Braucht es angesichts leerstehender Häuser überhaupt so viel neuen Wohnraum in La Nucía?“, fragt sich Asensi. „ Die ganz normalen Einwohner aus der Umgebung werden sich die Häuser in dem Wohngebiet jedenfalls kaum leisten können. Und dass ein typisch mediterraner Wald vernichtet wird, weil er eine potenzielle Brandgefahr darstellt, ist lächerlich“, so der Spanier.
Eine weitere Frage, die die Gegner des Baugebiets beschäftigt, ist die, wo das Wasser für die Wohnungen, Hotels und das Wellenbad für Surfer – wenige Kilometer vom Meer entfernt – herkommen soll. „ Wasser ist jetzt schon knapp. Zumal die ganzen Gebäude den Boden versiegeln, was wieder die Erosion fördert. Es scheint, als hätten wir nichts aus den Fehlern des ImmobilienBooms gelernt. Es ist traurig, dass das vielgepriesene Wachstum immer noch auf Kosten der Natur geht, die scheinbar immer weniger wertgeschätzt wird“, sagt Asensi.
Agró jedenfalls arbeitet im Hintergrund weiter, organisiert Infoveranstaltungen und sucht nach Möglichkeiten, den PAI doch noch zu stoppen oder zumindest Änderungen zu erzwingen. Dafür ist der Verein auf Mitglieder angewiesen, um Anwälte bezahlen zu können. Denn eins ist den Umweltschützern klar: „ Stoppen kann das Ganze nur ein Richter“, so Asensi.