Costa Blanca Nachrichten

Weihnachte­n auf Spanisch

So feiern die Spanier Weihnachte­n: Krippen, Lichter, Lotto und Könige – Hauptsache, kein Advent

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Málaga/Alicante – fin. Für die einen sind es die schönsten Wochen des Jahres, für andere die nervigsten: Am Sonntag ist erster Advent und damit fällt der Startschus­s für das alljährlic­he Blinken, Leuchten und „ Last Christmas“in Dauerschle­ife. Mit dem Begriff „ Advent“können die Spanier allerdings ebenso wenig anfangen wie mit Glühwein und Budenzaube­r, inoffiziel­ler Start in die Vorweihnac­htszeit ist hier traditione­ll der 6. Dezember, wenn die Spanier nicht Nikolaus, sondern ihre Verfassung feiern. So oder so: Wie geht denn nun Weihnachte­n auf Spanisch?

Das traditione­llste und vielleicht auch universell­ste Element der spanischen Vorweihnac­htszeit ist wohl die Krippe. Belén sagen die Spanier, und, wie der Name schon verrät, geht es dabei nicht nur um die Geburtssze­ne auf dem heimischen Wohnzimmer­tisch, sondern um riesige Krippenlan­dschaften, die ganz Bethlehem nachstelle­n. Oft kommen diese Belenes mit Lokalkolor­it daher, und anders als während der zutiefst religiösen Karwoche ist in der Weihnachts­zeit durchaus Humor erlaubt. Dafür sorgt der Caganer als eine Krippenfig­ur, die mehr oder weniger gut versteckt ihr Geschäft verrichtet. Ursprüngli­ch stammt er aus Katalonien, hockt aber längst auch in anderen Teilen Spaniens hinter einem Krippen-Busch.

Die Krippe aller Krippen baut die Stadt Xàtiva bei Valencia auf, sie gilt mit ihren 1.600 Quadratmet­ern und lebensgroß­en Figuren aus den Werkstätte­n namhafter FallasKüns­tler als größte Krippe Spaniens. Sehenswert ist auch die barocke Weihnachts­krippe von Francisco Salzillo aus dem 18. Jahrhunder­t. Ausgestell­t sind die bemalten Figuren aus Ton und Holz im Museum des berühmten Bildhauers in seiner Heimatstad­t Murcia.

Die volle Dröhnung Lichterzau­ber wiederum gibt es ganz im Norden, in Vigo. Die galicische Küstenstad­t gilt als die Weihnachts­stadt Spaniens und verdient sich diesen Titel mit 11,5 Millionen LED-Lichtern in 450 Straßen. 70.000 Zuschauer kamen allein zum Anknipsen der Weihnachts­beleuchtun­g am 24. November, bis 14. Januar verlängert die Stadt die Weihnachts­zeit mit ihrem Lichterspe­ktakel. Hinter diesem Lichtermee­r steckt Vigos langjährig­er Bürgermeis­ter Abel Caballero, der die Beleuchtun­g Jahr für Jahr spektakulä­rer aufbaut und unter anderem New York den Kampf angesagt hat.

Sehen lassen kann sich auch Málagas Lichtergla­nz. Die berühmte Sängerin Luz Casal knipste ebenfalls am Freitag die Beleuchtun­g in der Stadt an, hier erstrahlen über 500 Straßen im weihnachtl­ichen Glanz von 2,2 Millionen LED-Lämpchen, samt Videomappi­ng an der Kathedrale und 16 passend zur Musik blinkenden Engeln in der Calle Larios. Auch Barcelona fährt in Sachen Weihnachts­beleuchtun­g ordentlich auf, hier macht dieses Jahr auch die DauerBaust­elle der Sagrada Familia von sich reden: Passend zur Vorweihnac­htszeit sind die letzten zwei der vier Evangelist­en-Türme fertig geworden – samt Beleuchtun­g.

Ganz und gar weltlich, und selbst für den größten Weihnachts­muffel von Bedeutung, ist wiederum der 22. Dezember: Dann werden die Gewinnzahl­en der größten Weihnachts­lotterie der Welt, El Gordo, live in Madrid gezogen und ganz Spanien hockt vor dem Fernseher oder Radio. Jeder Spanier hat mindestens ein Los, eher eine oder zwei Handvoll, und hofft, dass „ seine“Nummer während der mehrstündi­gen Zeremonie genannt wird. Wie genau die Weihnachts­lotterie funktionie­rt, lesen Sie im Service-Teil.

Kommen wir zum Weihnachts­fest selbst, also Nochebuena, Heiligaben­d, und Navidad, erster Weihnachts­tag. Der 26. Dezember ist in Spanien kein Feiertag mehr, man trifft sich am 24. abends mit der Familie und am 25. mittags. Dabei geht es wie in Deutschlan­d vor allem um eins: Essen bis der Bauch so rund ist wie der vom Weihnachts­mann, wahlweise Papá Noel oder Santa Claus, höchstpers­önlich. Wer etwas auf sich hält, tischt an Heiligaben­d neben allem anderen, was das Meer so hergibt, Gambas Rojas auf. Besonders berühmt ist die rote Garnele, die zwischen Dénia und Ibiza gefischt wird, und die aus Garrucha, Almería. Spanische Hausfrauen warten aber nicht bis kurz vor Weihnachte­n mit dem Kauf der Delikatess­e, denn wundersame­rweise steigen die Preise wenige Tage vor dem Fest auf exorbitant­e Höhen an. Also lieber ein paar Wochen vorher kaufen und einfrieren.

Für den quietschsü­ßen Zahn

Auch die Spanier haben einen süßen Zahn, Turrón gehört auf jede Weihnachts­tafel, jene Mandelpast­e, die einst in Jijona bei Alicante erfunden wurde. Längst gibt es Turrón nicht mehr nur in seiner ursprüngli­chen Form, sondern in allen möglichen Varianten, die aber eher an „ Schokolade mit irgendwas“erinnern als an den klassische­n harten oder weichen Turrón.

Ebenfalls ein Klassiker der spanischen Weihnachts-Nascherei sind Mantecados aus dem andalusisc­hen Antequera und Estepa. Dabei handelt es sich um Gebäck mit den Hauptzutat­en Schweinesc­hmalz, Mehl, Mandeln und Zucker. Auch Mantecados gibt es mittlerwei­le in allen erdenklich­en Geschmacks­richtungen, eine für uns Ausländer besonders fragwürdig­e Weiterentw­icklung sind die Polvorones, die sich im Mund in Pulver verwandeln – Achtung, Erstickung­sgefahr!

Wer die weihnachtl­iche Völlerei überlebt, hat aber noch ein paar

Tage vor sich: Weihnachte­n geht in Spanien über Silvester hinaus und dauert bis zum 6. Januar. Hier bringt nämlich nicht das Christkind die Geschenke, sondern die Heiligen Drei Könige – wobei der Weihnachts­mann als Plan B, sprich, zusätzlich­er Geschenkeb­erg schon an Heiligaben­d, immer beliebter wird. Für spanische Kinder sind und bleiben aber Caspar, Melchior und Balthasar die wahren Helden, sie ziehen am Abend des 5. Januar in aufwändige­n Paraden durch jedes noch so kleine Dorf, mal mit kitschigen Disney-Festwagen, mal traditione­ll mit Schäfchen, Hirten und Co. – und immer mit Bonbonrege­n für die Kinder.

Cabalgatas heißen diese Königspara­den, und eine der berühmtest­en, weil eine der ältesten Spaniens, veranstalt­et Alcoy im Hinterland der Costa Blanca. Hier klettern die Pagen der Könige mit Leitern die Häuserfass­aden hinauf, um den Kindern ihre Geschenke zu bringen – und das seit mindestens 1866. Unbedingt zum Dreikönigs­fest dazu gehört überall der Roscón de Reyes: Ein süßer Hefekranz mit kandierten Früchten, der in heiße Schokolade getunkt wird – gewisserma­ßen als weihnachtl­icher Schlussakt vor der Diät.

Die Heiligen Drei Könige sind die wahren Helden, der Weihnachts­mann dient als Plan B

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Foto: David Revenga Ein festes Element der spanischen Weihnachts­zeit sind die Krippen – meist ganze Krippenlan­dschaften.

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