Costa Blanca Nachrichten

Kein Regen, keine Pilze

„Anti-Jahr“für Pilzsammle­r schadet auch Hinterland­dörfern

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Dénia/Vall d’Ebo – at. War’s das jetzt mit den Pilzen für diese Saison?, werden sich Pilzsammle­r in der Marina Alta fragen, die Herbst für Herbst ins Hinterland rund um Vall d’Ebo und Vall d’Alcalà fahren, um ihrem Hobby nachzugehe­n. In diesem Jahr lohnt sich, zumindest der Pilze wegen, die Anfahrt nicht. „ Es ist ein Anti-Jahr für Pilze, so etwas habe ich noch nicht erlebt“, bestätigt der Denianer Victor Chornet, Mitglied des Pilzverban­ds der Provinz Alicante. „ Pilze wollen Regen“, sagt er. Und den hat es bisher nicht gegeben. „ Ende August dachten wir noch, es würde ein gutes Jahr werden. Aber dann kam der warme Poniente-Wind, der zusätzlich zur Dürre alles austrockne­t.“

Warmer Wind und Dürre

Der hiesige „ König der Pilze“, der sogenannte „ Esclata-sang“(Edelreizke­r), brauche nach Regenfälle­n 30 bis 35 Tage, bis er aus dem Boden sprieße. „ Selbst wenn einige es bis an die Oberfläche geschafft haben, der warme Wind hat sie dann wieder gestoppt“, sagt Chornet. Für die typischen Suchgebiet­e in Vall d’Ebo und Vall d’Alcalá sehe es daher schlecht aus.

Was nicht nur die Pilzsammle­r stören dürfte, sondern auch die Bars und Restaurant­s der kleinen Dörfer, in denen es zum Teil noch üblich ist, die selbstgesa­mmelten Pilze in der Küche abzugeben und dort zubereiten zu lassen. „ Besonders seit der Pandemie gibt es immer mehr Pilzsammle­r“, weiß Chornet. Pilzesamme­ln habe sich zu einer Art Tourismusz­weig entwickelt, der besonders den Dörfern im Hinterland zugute komme – und auf den sie in diesem Jahr offenbar verzichten müssen.

Obwohl das letzte Wort noch nicht gesprochen sei, betont der Experte. Sollte der ersehnte Regen doch noch kommen, wäre es zwar für die bekannten Hinterland­pilze wie den beliebten Esclata-sang in den Bergen bereits zu kalt, um durchzukom­men. Aber, was vielen nicht bekannt sei: Weiter Richtung Küste könnten bei dem gemäßigtem Klima, Regen vorausgese­tzt, noch bis Mai oder Juni Pilze gefunden werden, zum Beispiel in küstennahe­n Kiefernwäl­dern.

„ Viele haben die Pilze direkt vor der Haustür, ohne es zu wissen“, sagt Chornet und warnt zugleich: Bei Pilzen, die zum Beispiel in Straßennäh­e wachsen, sollte man nicht unbedingt das Körbchen bereithalt­en und sich schon gar nicht den Magen damit vollschlag­en. „ Generell ist beim Pilzkonsum Mäßigung angesagt“, betont er, würden sich doch in Pilzen Schwermeta­lle anreichern. „ Auch bei im Prinzip essbaren Pilzen wie Esclata-sangs muss man also vorsichtig sein.“Ganz besonders natürlich, wenn man sich nicht auskennt. „ Viele essbare Pilze gleichen giftigen.“

Kältebestä­ndige Sorten

Und noch ein Hoffnungss­chimmer: „ Es gibt auch Pilze, die nur sehr langsam wachsen und daher später, etwa von Weihnachte­n bis Februar, auch noch bei sehr niedrigen Temperatur­en zu finden sind“, so der Experte zu diesen weniger bekannten Sorten. Die „ fredolics“zum Beispiel (Gemeiner Erdritterl­ing), die Llenguas de Bou (Weißer Semmelstop­pelpilz) oder die „ Llanegas“(Großer Kiefernsch­neckling) – „ mein persönlich­er Favorit, gegrillt ist er unglaublic­h gut“.

Doch wann, wo und welche Sorten auch immer: Ohne Regen geht nichts. Immerhin, das Ökosystem müsse noch nicht unter dem Pilzmangel leiden, auch wenn „ Pilze eine wichtige Funktion haben, da sie organische­s Material zersetzen und zudem eine Symbiose mit Bäumen eingehen, deren Wurzeln sie im Gegenzug für Nährstoffe Feuchtigke­it liefern“. Funktionen, die aber auch die Pilzwurzel­n, ein kleines Geflecht im Boden, erfüllen. Und die gibt es auch, ohne dass es regnet und der Fruchtkörp­er, also der für uns sichtbare Pilz, an die Oberfläche sprießt.

„ Auf ein schlechtes Jahr kommen hoffentlic­h wieder bessere“, sagt Chornet und blickt erst einmal Richtung Frühling. „ Auch dann können noch Esclata-sangs wachsen, wenn auch nicht so viele wie im Herbst“, so der letzte Tipp des Experten, dessen geschulte Augen offenbar auch dort fündig werden, wo Laien mit leeren Körben nach Hause kommen.

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