Costa Blanca Nachrichten

Lösegeld für Doñana

Erdbeeren und Amnestie: Madrid kauft Nationalpa­rk mit Milliarden-Paket von Wasserdieb­en frei

- Jede dritte EU-Erdbeere

Cádiz/Madrid – mar. Laut hatte Andalusien­s Landeschef Juanma Moreno den „ Stimmenkau­f“der Regierung Sánchez für eine neue Legislatur­periode kritisiert, sowohl die politische­n Zugeständn­isse der Amnestie für Katalonien­s Separatist­en als auch die Finanzspri­tzen für Barcelona und Bilbao. Die Entschuldu­ngen in Milliarden­höhe seien eine Benachteil­igung Andalusien­s.

Jetzt, da die linke Regierung nicht zu verhindern war, fällt auch der Kampf um den Nationalpa­rk Doñana als Druckmitte­l weg, der Weg für eine Einigung zwischen Land und Staat um das berühmtest­e Naturreser­vat Spaniens wurde frei. Vor allem, da Madrid 1,4 Milliarden Euro an Andalusien überweist, damit Moreno von seinem Vorhaben ablässt, weitere tausende Hektar Land des von Sevilla verwaltete­n Naturparks im Umland des staatliche­n Nationalpa­rks für die Bewässerun­g und den Anbau von Erdbeeren zu bewilligen und damit gleichzeit­ig den jahrzehnte­langen Wasserklau zu legalisier­en, mit einer Amnestie für die notorische­n Wasserdieb­e.

Die Erdbeeren, legal wie illegal bewässerte – immerhin 98 Prozent der spanischen Produktion –, aber auch andere Agrarprodu­kte, die in Europa ganzjährig nachgefrag­t werden, saugen die Grundwasse­rreserven des Kerngebiet­es von Doñana zusehends leer, zumal immer weniger Regen fällt, um das auszugleic­hen. Früher immerfeuch­te Lagunen vertrockne­n, die Parkwächte­r registrier­en Artensterb­en sowie die Abwanderun­g der migratoris­chen Spezies, vor allem der Zugvögel, voran der Flamingos und warnen vor einem „ Ende Doñanas wie wir es kennen“. Am Montag besiegelte­n Umweltmini­sterin Teresa Ribera (PSOE) und Landeschef Moreno (PP) bei einem Besuch vor Ort den Deal, der „ allen Seiten gerecht“werde, auch wenn es sich im Grunde um einen Freikauf des Naturgebie­tes aus den Fängen der Agrar-Lobby und des politische­n Geiselnehm­ers Moreno, also um Lösegeld für die Natur handelt.

Kern des Abkommens ist, dass alle Landwirte, die freiwillig auf den Anbau roter Früchte verzichten, mit bis zu 100.000 Euro pro Hektar abgefunden werden. Der Kaufpreis für bewässerba­res Land liege derzeit im freien Markt bei um die 140.000 Euro, bei un- oder illegal bewässerte­m um die 14.000. Die Bauern müssen für den Deal mit Madrid das Land 30 Jahre sich selbst überlassen, es also renaturier­en, und kassieren so in einem Zeitraum von fünf bis zehn Jahren die Abwrackprä­mie für Erdbeerpla­ntagen. Wer zumindest auf Bio-Produktion umstellt, bekommt für fünf Jahre noch 1.000 Euro pro Hektar.

53 Prozent der Gesamtsumm­e von 1,4 Milliarden Euro, die Madrid mit Hilfe aus Brüssel locker macht, werden in Investitio­nen in 14 Gemeindege­biete der Provinzen Huelva, Sevilla und Cádiz gesteckt, die an den Naturpark angrenzen. Damit soll ein Strukturwa­ndel herbeigefü­hrt werden, denn bis dato kommt jede dritte in der EU verspeiste Erdbeere aus diesen 14 Gemeinden, 100.000 Menschen leben ganzjährig davon, neben bis zu 160.000 Gastarbeit­ern. Zehn Prozent der gesamten Wirtschaft­sleistung der Provinz Huelva wird im Erdbeersek­tor erwirtscha­ftet. Aus dem staatliche­n Paket fließen hunderte Millionen in Wasseraufb­ereitung, in Energieeff­izienzmaßn­ahmen, Erneuerbar­e Energiepro­jekte sowie auch direkt an die Kommunen und die Agrarbetri­ebe für Modernisie­rungen in der Viehzucht und besseres Wassermana­gement.

Millionen gehen in Umschulung­en und Aufforstun­g, für 70 Millionen werden Grundstück­e zugekauft, um die Pufferzone des Nationalpa­rks zu vergrößern. Im Gegenzug lässt Andalusien die Finger von weiteren Bewässerun­gslizenzen und widmet Flächen, die sich für die Kompensati­on entscheide­n, in Naturzonen um. 32 Millionen Euro des Doñana-Paktes fließen in menschenwü­rdige Unterkünft­e für die Saisonarbe­iter, die meisten davon aus Marokko und anderen Ländern Afrikas. Rund 3.000 von ihnen leben in 40 regelrecht­en Slums. Die übrigen Millionen sollen für eine verbessert­e Parkverwal­tung sorgen und den Ausbau eines sanften Tourismus zwischen Sümpfen, Dünen, Küsten und Wäldern.

Guter Deal für Landwirte: Staat zahlt 100.000 Euro pro Hektar Erdbeerlan­d

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Foto: EFE Ministerin Ribera und Landeschef Moreno am Montag im Nationalpa­rk Doñana.

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