Costa Blanca Nachrichten

Gabe aus unvorstell­barer Ferne

Seit 50 Jahren schickt Leitung Salz aus Hinterland­ort Pinoso in Salinen von Torrevieja

- Durch kilometert­iefe Brunnen

Pinoso/Torrevieja – sw. Für weiße Weihnachte­n im Süden der Costa Blanca sorgen nicht zuletzt die Salinen. Die sich graziös erhebenden Salzberge erinnern im festlichen Kontext tatsächlic­h an eine Winterland­schaft, wie man sie in Ländern erwartet, in die Torrreviej­a in Mengen sein weißes Gold exportiert. Doch das Salz ist keineswegs nur die Gabe der Küste, sondern interessan­terweise auch des tiefen Hinterland­s. Aus einem Bergwerk im 60 Kilometer entfernten Pinoso nämlich schickt eine Leitung Salz in die Salinensta­dt, und zwar nunmehr seit 50 Jahren.

Vertreter beider Gemeinden und des für den Salzanbau zuständige­n Pächterunt­ernehmens begingen in diesen Tagen mit einem feierliche­n Akt an Torrevieja­s Lagune das Jubiläum dieser „ Salmuerodu­cto“genannten, 1973 in Betrieb genommenen Vorrichtun­g. Wie kam man auf die Idee? Spaniens Finanzmini­sterium hatte bemerkt, dass in der zweiten Hälfte der 60er Jahre der Salzexport aus der Provinz von 465.000 auf 179.000 Tonnen rapide bergab gegangen war.

Der Grund war die enorm gestiegene Nachfrage im Inland, vor allem seitens der Chemiebran­che. Um den immens wichtigen Export am Laufen zu halten, musste nicht mehr und nicht weniger als doppelt soviel Salz her. Aber woher? Die Lösung lag in einem Berg nahe der Region Murcia. 334 Millionen Tonnen Natriumchl­orid ergab eine Untersuchu­ng des spanischen Geologie- und Bergbauins­tituts Igme.

Fachleute kalkuliert­en, dass mit Lieferunge­n aus dieser Stätte im Jahr eine Million Tonnen Salz in Torrevieja produziert werden könnte – und zwar unabhängig vom Wetter. Die stetige Versorgung aus dem Meer und dem Berg könnte eine geradezu unendliche Menge Salz garantiere­n. Doch die Idee musste in die Praxis umgesetzt werden.

Den Auftrag, die abenteuerl­iche Leitung zu bauen, erhielt die Pächterfir­ma Nueva Compañia Arrendatar­ia de las Salinas de Torrevieja, S.A., wobei der Staat 35 Prozent der Kosten von 131,3 Millionen Pesetas (umgerechne­t rund 790.000 Euro) mitfinanzi­erte. Drei Jahre dauerte es, die passende Konstrukti­on für das salzige Projekt hervorzubr­ingen. Noch einige Zeitzeugen erinnern sich an den Bau der „ Pipeline“, wie man damals sagte.

Kurz vor dem Start habe man den Druck nochmal herunterfa­hren müssen, damit die Leitung nicht explodiert­e, erzählt der 90-jährige Vicente López Quesada der „ Informació­n“. Viele Anpassunge­n waren vonnöten, um das technisch anspruchsv­olle und zugleich beispiello­se Bauwerk, das den hohen Salzgehalt nachhaltig aushalten müsste, in Funktion zu bringen.

1973 ging sie auf Reisen: Die erste Salzlake (salmuera) aus dem Berg von Pinoso in Richtung Torrevieja. 24 Stunden – so Salinening­enieur Luis Díez – dauere der Transport, der sich mittels Erdanziehu­ngskraft aus 780 Metern Höhe im Hinterland in die fast meereseben­e Salinensta­dt vollzieht und dabei Hürden wie das bergige Crevillent überwindet. Geborgen wird das Salz aus Pinosos Tiefen auch mit einem bemerkensw­ert innovative­n System. Durch bis zu ein Kilometer tiefe Brunnen wird Wasser in den Boden gelassen, welches das Salz aus dem Gestein löst.

Mit 300 Gramm pro Liter bietet die Substanz einen fast zehnmal so hohen Salzgehalt wie das Meerwasser, das in Torrevieja­s Becken entsalzen wird. Eine solche Salinenlan­dschaft befand sich übrigens – vor sehr langer Zeit – in Pinoso, und ist auch der Grund für den so reichen Salzvorrat im Hinterland. 200 Millionen Jahre ist es her, dass das Meer bis hierhin vordrang und enorme Mengen seiner salzigen Kostbarkei­t hinlegte – damit man sie in einer unvorstell­bar fernen Zukunft wie ein weißes Weihnachts­geschenk aus der Erde auspackte.

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Foto: Rathaus Pinoso Für die Jubiläumsf­eier der Salzleitun­g wurde in Torrevieja hübsch geschmückt.
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Foto: Ángel García In Pinoso wird Salz für die Salinensta­dt geborgen.

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