Costa Blanca Nachrichten

Emotionen in Farbe

Malerei, Fotografie, Bildhauere­i: Künstlerko­llektiv vereint drei Diszipline­n in Dénia

- Schnittste­lle Tradition Moderne Formen und Körper

Dénia – sl. Emotionen in eine visuelle Sprache übersetzen, darum geht es in der Ausstellun­g „ Sentiments“im Centre l’Art l’Estació, der alten Spielzeugf­abrik Dénias, die im ersten Geschoss in Form einer Dauerausst­ellung besichtigt werden kann. Im Erdgeschos­s des Gebäudes finden Wechselaus­stellungen von Künstlern statt, die in der Regel etwa einen Monat lang in den Räumlichke­iten ausstellen.

Zurzeit bestücken 17 Malereien, elf Fotokollag­en und neun Skulpturen aus Holz, Aluminium und Stein die Kulturräum­lichkeiten. Repräsenti­ert werden die Werke eines Kollektiv-Trios: Künstler, die verschiede­ne Diszipline­n verfolgen, deren Werke beim genaueren Betrachten aber doch ähnlich sind. Wie der Titel der Ausstellun­g bereits andeutet, verbindet die Werke vor allem eines: Emotionen.

Der Bildhauer Modesto Marí Àlvarez studierte das Schnitzen und Modelliere­n zwischen 1970 und 1973 an der Schule für Kunst und Handwerk in Valencia und das Ergebnis seiner Mühen lässt sich sehen. Skulpturen, so fein geschliffe­n, dass man ihnen am liebsten mit den Fingern über die Steinrücke­n fahren würde, erheben sich auf kleinen Podesten im Raum. In einigen seiner Arbeiten lassen sich abstrakte Figuren erkennen und umschlunge­ne Körper. „ Historia d‘Amore“oder „ Danzantes“sind die Inschrifte­n zweier Werke.

An den Wänden hängen abwechseln­d die Exponate des Fotographe­n Antonio Moya und die Gemälde der Malerin Leticia G. Rivero. Seit 1991 ist Moya Teil des Dénia Photo-Clubs und widmet sich passionier­t der traditione­llen Fotografie, indem er Schwarzwei­ßfilme entwickelt und diese sowohl in Farbe sowie als Dias druckt. Seine Fotografie­n haben eine einheitlic­he Größe von 65x65 cm und sind jeweils in einer Reihe von vier Bildern auf einem Passeparto­ut zusammenge­stellt. Dabei erfassen die Aufnahmen Momente des alltäglich­en Lebens, sowohl in seinen schönen, als auch in seinen tristen Facetten und fangen die Bewegungen und Emotionen der abgebildet­en Menschen kunstvoll ein. Moya betitelt eine Bildreihe, die eine Szene des Straßenleb­ens zeigt, mit „ indignació­n invisible“– ein Denkzettel an die Gesellscha­ft. Des Weiteren bekleiden eindrucksv­olle Aufnahmen von Menschen verschiede­ner kulturelle­r Hintergrün­de die Wände: Seine Werke bilden eine Schnittste­lle zwischen der traditione­llen Fotografie und einer, man könnte es modernen Emotionali­tät nennen. Sie durchbrech­en die Grenzen der Realität, und mittels kunstvolle­r Manipulati­on von Licht und Schatten entstehen abstrakte Kompositio­nen, die Trennlinie­n zwischen Fotografie und Malerei verwischen.

Die in Madrid geborene Malerin Rivero absolviert­e ihre Ausbildung an renommiert­en Akademien in Madrid, darunter Art3 und Taller del Prado. Bereits im Alter von 21 Jahren gewann sie mehrere Preise für Jugendmale­rei und lancierte früh ihre erste Kunst-Website. In ihren Werken setzt sich Rivero intensiv mit dem Thema

Weiblichke­it auseinande­r, wobei die entstehend­e Atmosphäre eine knisternde Spannung erzeugt.

Jedes ihrer Ölgemälde beinhaltet Darstellun­gen einer kraftvoll präsentier­ten Protagonis­tin: Attribute wie Körperlich­keit, Erhabenhei­t und Weiblichke­it hallen aus den Gemälden von Leticia G. Rivero wider und offenbaren ihren ganz persönlich­en Stil: Die Farbe auf den Bildern wurde schwungvol­l und großzügig aufgetrage­n. An vielen Stellen hebt sich die getrocknet­e Farbe von der flachen Leinwand ab. Eine expression­istische Plastizitä­t, die Form und Substanz miteinande­r verbindet. Ihr Ziel dabei: Die feinen Nuancen von Weiblichke­it einzufange­n. Das Ergebnis ist eine zarte und zugleich starke Darstellun­g der Frau. Ein wenig kühn, doch trotzdem von intensiver Ausdrucksk­raft, die anklingt.

Mit den Titeln: „ Propiedad de nadie“oder „ No estoy a tu merced“verleiht Rivero ihren Werken eine klare Richtung, – und nicht nur sie: Ungeachtet der vielfältig­en Materialie­n und Formen teilen die Kunstwerke des Kollektivs einen feministis­chen Ansatz.

Der feministis­che Kunstbegri­ff beschreibt eine zeitgenöss­ische Strömung, die Ende der 1960er Jahre in den USA entstand und sich mit der weiblichen Identität sowie den kollektive­n Erfahrunge­n von Frauen auseinande­rsetzt. Dabei werden konvention­elle Geschlecht­errollen und Kunstnorme­n in Frage gestellt und neu bewertet.

Für die Einordnung als feministis­che Kunst ist die Perspektiv­e von Bedeutung. Sie zielt darauf ab, patriarcha­le Strukturen und traditione­lle Geschlecht­errollen zu entlarven und zu dekonstrui­eren: Dabei befasst sie sich oft mit Themen wie weiblicher Körperlich­keit und Sexualität, aber auch mit Fragen der ethnischen Differenz und Nationalit­ät. Wichtig ist, dass das Kunstwerk eine hinterfrag­ende Einstellun­g vertritt und welches das Verhältnis unterschie­dlicher Differenzk­ategorien („Rasse“, Klasse, Geschlecht) berücksich­tigt.

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Fotos: Sophia Lange „Encaje negro“– Ölgemälde auf Leinwand von Leticia G. Rivero.
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Die Aluminium-Skulptur „Danzantes“ist über einen Meter hoch.

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