Mit Vermittlern gegen Blockade
Ministerpräsident Sánchez und PP-Chef Feijóo einigen sich in zwei wichtigen Punkten
Madrid – dpa/sk. Sie reden wieder miteinander. Ministerpräsident Pedro Sánchez und Oppositionsführer Alberto Núñez Feijóo haben bei ihrem Treffen am Freitag im Parlament nicht das Kriegsbeil zwischen PP und PSOE begraben, aber immerhin die Gespräche über eine Neubesetzung des Richtergremiums Consejo del Poder Judicial (CGPJ) aufgenommen, die sie wegen der dafür erforderlichen Dreifünftel-Mehrheit nur gemeinsam vornehmen können.
Nun wollen die regierenden Sozialisten und die größte Oppositionspartei die EU-Kommission als Vermittlerin im jahrelangen Streit um die Neubesetzung wichtiger Justizposten einschalten. „ Wir haben uns auf eine Formel geeinigt, nach der die EU-Kommission bei der Erneuerung der Justiz vermitteln und das Ergebnis überprüfen soll“, sagte Regierungssprecherin Pilar Alegría.
Bei dem Justizstreit geht es um die Überwindung einer Blockade bei der personellen Erneuerung des Verfassungsorgans, das in Spanien auch als Richterregierung bezeichnet wird. Die EU rief Spanien in Sorge um die Unabhängigkeit der Justiz wiederholt auf, den Streit zügig beizulegen. Er währt nun seit fünf Jahren.
Der CGPJ ist ein Justiz-Kontrollrat und ernennt unter anderem die Richter der obersten Gerichte. Er darf auch zwei Mitglieder des Verfassungsgerichts wählen. In dem Kontrollrat stellen Konservative seit den Zeiten, als die PP an der Macht war, die Mehrheit. 2018 verlor die Volkspartei die Regierungsmacht und musste in die Opposition. Seither versucht sie, die konservative Mehrheit im CGPJ zu erhalten. Zwölf der 20 Mitglieder des CGPJ werden von den Richtern vorgeschlagen und müssen vom Parlament mit einer Mehrheit von 60 Prozent der Abgeordneten bestätigt werden, die restlichen acht werden ohne Zutun der Richter direkt vom Parlament gewählt. Dieses Verfahren gibt politischen Parteien erheblichen Einfluss auf die Justiz.
Weil sich Regierung und Opposition nicht auf die eigentlich vom Gesetz vorgeschriebene Neubesetzung einigen konnten, ist der CGPJ seit 2018 nur noch geschäftsführend im Amt und viele Justizposten konnten nicht besetzt werden. Die Rede ist von 80 vakanten Richterstellen. Die Regierung Sánchez wirft der PP eine
Blockadehaltung vor. Nun soll im Zuge der Erneuerung auch ein Gesetz auf den Weg gebracht werden, damit von dem Zeitpunkt an jene zwölf der 20 Mitglieder nur noch direkt von den Richtern bestimmt und gewählt werden, wobei dabei die EU-Kommission zu Rate gezogen werden soll. Fraglich, ob das möglich ist, Sozialisten und EU sprachen sich im Vorfeld stets für das Modell erst Erneuerung, dann Reform aus.
Möglich scheint auch eine Einigung auf eine Reform des Verfassungsartikels 49 zu sein, um eine diskriminierende Bezeichnung für behinderte Menschen – nämlich „ disminuidos“zu ersetzen durch „ personas con discapacidad“. Dies soll noch im Januar geschehen.
Die Erwartungen an das fast 90-minütige Treffen – das erster seit Oktober 2022 – waren mehr als gering, PP-Chef Feijóo sieht diese auch bestätigt. „ Man konnte nur sehr wenig erwarten und wir haben auch nur wenig erreicht“, sagte er. Die Konservativen konnten nicht das Misstrauensvotum in Pamplona stoppen, auch nicht das Amnestiegesetz und den Einstieg des Staats bei Telefónica.
Das Wahlverfahren gibt politischen Parteien Einfluss auf die Justiz
Nun mag die dritte Verfassungsreform in der Geschichte Spaniens und die Lockerung der seit fünf Jahren währenden Blockade des wichtigsten Justizorgans im Land nicht der Gordo in der Weihnachtslotterie sein, aber mehr als eine Niete kam allemal beim Treffen raus.